FIFA Klub-WM: Mehr Prestige oder nur mehr Stress? Die Analyse

Was taugt die neue FIFA-Klub-WM? Mehr Teams, mehr Spiele, mehr Stress – aber auch mehr Prestige? In unserem Beitrag blicken wir auf sportliche Highlights, Überraschungen und Schattenseiten des Turniers.

Die neue Kluft: Emotion in Südamerika, Kritik in Europa

Fans in Südamerika nehmen die Klub-WM völlig anders wahr als in Europa. Europäische Teams gehen oft als Favoriten ins Turnier – trotzdem hat Paris Saint-Germain in der Gruppenphase überraschend gegen Botafogo verloren. Der Klub aus Rio de Janeiro ist ein brasilianischer Traditionsverein, galt aber im Vorfeld eher als Außenseiter. Das zeigt: Der Wettbewerb ist keineswegs ein Selbstläufer für die europäischen Klubs.

Der enorme Stellenwert für nicht-europäische Klubs

Allerdings ist es für viele Mannschaften eine große Chance, gegen internationale Top-Teams anzutreten. Der Stellenwert der Klub-WM ist besonders für die nicht-europischen Clubs enorm. Das beste Beispiel dafür, wie hoch der Stellenwert dieses Turniers für südamerikanische Vereine ist, ist die Reaktion von Fluminense-Spieler Jhon Arias nach der Niederlage im Halbfinale gegen den FC Chelsea. Komplett niedergeschlagen gab er ein Interview nach dem Spiel, in dem seine Emotionen ausbrachen.

Jhon Arias, Fußballspieler von Fluminense:

“In so einem Moment sind die Worte schwer zu finden. Ich möchte mich einfach bei den Fans entschuldigen. Wir waren so nah dran. Es war ein Traum, und wir haben es ins Halbfinale geschafft.”

(von der Redaktion aus dem Spanischem Übersetzt)

Im Interview bricht Fluminense-Spieler Jhon Arias in Tränen aus und entschuldigt sich emotional bei den Fans für das Ausscheiden – man spürt, wie viel ihm der Traum von diesem Turnier bedeutet hat.

Dichte Menge südamerikanischer Fußballfans in Rot-Schwarz  mit wehenden Fahnen und einem großen Banner in der Mitte, symbolisiert die emotionale Beteiligung an der Klub-WM.
Fankultur pur: Südamerikanische Fans feiern die Klub-WM mit Leidenschaft. Ein starker Kontrast zur kritischen Wahrnehmung in Europa.
Bildquelle: Pexels

Sport vs. Geschäft: Kritik an Kommerzialisierung und Spielplan

Ganz anders die Wahrnehmung in Europa: Dort sehen viele Fans das neue Format kritisch. Zu komplex, zu viele Spiele, zu wenig sportlicher Reiz – und der Verdacht, dass es sich eher um ein globales Marketingprodukt handelt als um ein echtes Fußballturnier. Trotz dieser Kritik war das Turnier für die FIFA aus wirtschaftlicher Sicht ein Erfolg. Denn die großen Teams haben das Format ernst genommen – auch, weil sie wirtschaftlich davon profitieren.

„Du kannst die Gehälter nicht von der Couch bezahlen“

So beschreibt es auch Jan-Christian Dreesen, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern in der Sportschau.

„Du kannst die Gehälter nicht von der Couch bezahlen, also wir müssen dafür spielen. Und deswegen haben wir ein Interesse international zu spielen, deswegen haben wir ein Interesse an allen Wettbewerben möglichst gut abzuschneiden, weil das bedeutet für uns auch mehr Attraktivität, Attraktivität für Sponsoring etc.“

Doch genau das sorgt in Deutschland für Diskussionen: Viele Fans und Verbände kritisieren die Kommerzialisierung und die überfüllten Spielpläne. Die Klub-WM steht exemplarisch für den Konflikt zwischen Sport und Geschäft.

Probleme mit der Austragung und dem Auswahlverfahren

Gastgeber waren die USA – problematisch, denn strenge Einreisebestimmungen hielten viele Fans fern, viele Plätze blieben leer. Trotzdem sorgten vor allem südamerikanische Fans für lautstarke Stimmung. Auch das Wetter war ein Faktor: Mehrere Spiele wurden unterbrochen, das Achtelfinale Chelsea gegen Benfica verzögerte sich um vier Stunden.

Zusätzliche Kritik gibt’s an der Team-Auswahl – dazu Sportjournalist Timo Latsch bei ntv.

„Die Fifa hebelt das aus, wofür sie eigentlich selbst stehen will: Wettbewerb, Chancengleichheit und Fairness, aber es spielen eben nicht die 32 Mannschaften mit, die am besten Fußball spielen, sondern die 32, die die Fifa vermeintlich am besten vermarkten kann.“

Die Teilnehmer werden nicht nur nach Leistung ausgewählt, sondern auch nach früheren Erfolgen, Ranglisten und regionaler Verteilung.


Gesundheitliche Risiken durch überfüllte Spielpläne

Ein großes Thema bleibt die hohe Belastung der Spieler: mehr Spiele, weniger Pausen – und das betrifft alle Teams, nicht nur die europäischen. Chelseas Trainer Enzo Maresca klagte über 60 Spiele bis zur Klub-WM – ohne zu wissen, dass Fluminense sogar auf 70 kam.

Welche Folgen das für die Spieler hat, erklärt Sportmediziner Dr. Wilhelm Bloch bei ntv.

„Die Gefahr des dichten Spielplans ist, dass wir Spieler haben, die sich nicht mehr vollständig regenerieren und im Endeffekt schneller verbraucht werden.“

Trotz aller Kritik: Das Turnier zeigt, dass auch Teams außerhalb Europas auf hohem Niveau mithalten können. Besonders stark waren die Mamelodi Sundowns aus Südafrika sowie die brasilianischen Klubs Palmeiras, Fluminense, Botafogo und Flamengo. Dort spürt man die Unterstützung der Fans – geprägt von einer langen Fußballtradition und der hohen Bedeutung des Sports vor Ort. In Ländern wie Brasilien oder Argentinien könnte eine Klub-WM deshalb auf besonders großes Interesse stoßen.