Bei der Preisverleihung „Ausgezeichnete Medien“ der Hochschule Ansbach sprach Ranga Yogeshwar im Interview mit Johannah über die Rolle des Wissenschaftsjournalismus in einer Welt, die von Fake News und politischer Manipulation geprägt ist.
Johannah: Ja, vielen Dank, dass wir noch kurz mit dir sprechen dürfen, obwohl wir ein bisschen überzogen haben heute. Genau um dich mal kurz vorzustellen, du bist Wissenschaftsjournalist, hast lange Jahre bei “Quarks” gearbeitet und “W wie Wissen” und da stellt sich natürlich die Frage: Was bedeutet Wissenschaftsjournalismus in Zeiten von Trump und AfD und Co.
Ranga Yogeshwar: Na ja, es gab einen alten Spruch in den USA, der hieß “fight the fear with the facts”, also Bekämpft die Angst mit den Fakten. Dieser Spruch kam auf während der AIDS-Pandemie. Und ich glaube, das ist ein Wesenszug von gutem Wissenschaftsjournalismus, denn in der heutigen Zeit von Echokammern geht es ganz oft um Angst. Es geht um Angst, um Angstmache, weil Angst ist, genau die Möglichkeit, mit der man viele Menschen manipulieren kann, mit der man Menschen lenken kann. Und manchmal heißt es eben auch heute noch wichtiger als früher: fight the fear wirh the facts, also Wissenschaftsjournalismus kann erklären, kann in einen Kontext setzen und kann manchmal auch Angst nehmen.
Johannah: Ja, schön gesagt, vielen Dank. Was halten Sie denn aktuell von der Berichterstattung zur Klimakrise? Und finden Sie, dass die Dringlichkeit auch wirklich gut genug betont wird?
Ranga Yogeshwar: Ich glaube, wir müssen unterscheiden zwischen verschiedenen Ebenen bei der Berichterstattung. Das eine ist der Konsens zu sagen: Okay, wir haben eine globale Erderwärmung, wir haben Konsequenzen, die wir überall merken, ob das die große Flutkatastrophe in der Ahr war oder Starkregenereignisse. Heute morgen in der New York Times, steht drin. Es brennt jetzt auch nördlich von L.A. noch weiter. Also, das sind alles klare Indikatoren. Das wissen wir, das wissen wir schon lange, aber jetzt kommt der nächste Weg, nämlich was machen wir konkret dagegen? Und dann merkt man plötzlich, dass Debatten wie rund um das Thema Erneuerbare Energie. Wärmepumpe, dass dort auch unglaublich ehrlich aufgeklärt werden muss, weil sonst bleiben wir stecken mit, zwar guten Intentionen, aber die Basis fehlt. Also ich glaube Berichterstattung in Zeiten von Klimawandel heißt sehr viel konkreter, manchmal in gar nicht so auf den ersten Blick moralisch wichtigen Aspekten sich zu fokussieren, sondern zu zeigen, hey es geht.
Johannah: Sie haben gerade schon gesagt, das Thema ist ja schon seit Jahren wirklich bekannt und auch wird drüber geredet. Wie haben Sie es denn geschafft, all die Jahre nicht abzustumpfen bei dem Thema?
Ranga Yogeshwar: Weil man sagt im Deutschen: die Hoffnung stirbt zuletzt. Und was wir ja erleben, wenn wir ehrlich sind, ist, dass es zwar zu langsam geht, aber dass Dinge sich verändern. Auf der privaten Ebene ja. Mein CO2-Fußabdruck war massiv größer als er heute ist. Wenn wir einfach mal gucken, wieviel Strom wir inzwischen in Deutschland aus Erneuerbaren produzieren, dann ist das schon ein gigantischer Schritt. Wenn wir uns angucken, wie Renaturierungsprojekte, wie überhaupt ein anderes Bewusstsein dafür da ist, also. Als ich jung war, wurde kein Müll sortiert. Als ich jung war, wurde achtlos Kunststoff einfach in die Natur geworfen. Als ich jung war, durfte man nicht in Flüssen schwimmen, weil sie mehr oder weniger Gift-Kloaken waren. Und das war nicht, weil die die Menschen früher böse waren, sondern weil das Bewusstsein nicht da ist. Und ich glaube, das ist der erste Schritt und da merkt man, da hat sich viel geändert. Aber es ist noch ein langer Weg.
Johannah: Auf jeden Fall. Wir haben es auch gerade noch im Vortrag von Frau Ismeni Walter gehört und kommen jetzt auch mal zum heutigen Abend. Sie haben heute für die Professorin die Laudatio gehalten. Und ja, auch viele Jahre mit ihr zusammengearbeitet bei Quarks. Können Sie die Zusammenarbeit in circa drei Worten beschreiben mit ihr.
Ranga Yogeshwar: Intensiv. Sehr leidenschaftlich von allen Seiten und trotzdem mit sehr viel Lachen und Herz.
Johannah: Sehr schön. Ich glaub, das ist auch das, was wir immer wieder an ihr sehen. Es ist mir auch gerade aufgefallen, dass ich wieder zum Sie geswitch bin. Noch eine Frage. Ich hab echt einige Interviews mit dir geguckt und es ist gefühlt allgemein bekannt, dass Sie so alles wissen, alles können, alles studiert haben. Meine Frage wäre was, also worüber würden Sie denn gerne noch mehr wissen?
Ranga Yogeshwar: Über ganz viel. Je älter man wird, umso mehr merkt man, was man alles nicht weiß. Und wenn wir uns zum Beispiel diese Liste der Bedrohungen angucken, die gerade aufgelistet wurde im Vortrag von Ismeni Walter. Liste der Bedrohungen für die Weltwirtschaften im Kontext des Davosa World Economic Forum frag ich mich, sind da eigentlich alle Risiken drauf? Übersehen wir nicht Risiken und ich habe gerade ein Paper gelesen, wo es um KI geht, die anfängt Menschen zu täuschen. Das ist also, das ist jetzt nicht so billiger Spielfilm, wo man so oder oder Verschwörungstheorien, nein, es ist ne echte wissenschaftliche Analyse. Und ich habe mich selber gefragt, inwieweit müssen wir dieses Risiko nicht ganz nach oben setzen, weil andere Risiken wie zum Beispiel falsche Kommunikation, also Fake News, Desinformation, die ja letztes Jahr Nummer eins waren, haben damit zu tun. Merken wir möglicherweise, dass wir gerade in der Agenda eines anderen Films sind?
Johannah: Sehr, sehr spannend. Eine letzte Frage noch, wir sind ja gerade live auf Sendung, das heißt, es wird hier gleich ganz schnell rübergeschickt und dann in die erste Sendung des Jahres vom Rabbit Radio ja ausgestrahlt und ich hab gehört oder gesehen, dass sie ziemlich genau vor einem Jahr im Kölner Treff gesagt haben, dass sie sich vornehm mehr Auszeiten zu nehmen. Deswegen die Frage zum Anfang des Jahres ist das, hat das geklappt oder gibt es einen neuen Vorsatz fürs Jahr?
Ranga Yogeshwar: Also ich bin völlig gescheitert, das merkt man am heutigen Tag, der hat bei mir heute morgen um halb sechs begonnen, irgendwo im Ruhrgebiet, und er ist glaube ich noch nicht zu ende. Aber die Haltung dabei ist das, was, glaube ich, anders ist und für den Rest sage ich, man sollte mit Lust weitermachen. Und wenn ich sogar ganz ehrlich bin, ich habe vor gar nicht so langer Zeit einen interessanten Beitrag über Rentner in Deutschland gesehen und hab irgendwann gedacht, hey man ist asozial wenn man aufhört zu arbeiten, also jedes Jahr und ich verdiene sehr gut wo ich weiter arbeite kommt Geld in die Kassen. Also insofern ist das so mein kleiner Beitrag auch für die nächste Generation und natürlich auch mein kleiner Beitrag für das eigene Ego. So ehrlich muss man sein.
Johannah: Ja dann von meiner Seite: Vielen Dank, dass sie noch arbeiten und ganz schönen Abend noch, vielen Dank fürs Interview.
Ranga Yogeshwar: Na klar, take care und Freude, Gesundheit. Gutes Rest Jahr.
Johannah: Danke gleichfalls ciao.