Am Mittwochmorgen (06.11.2024) war es klar: Donald Trump wurde erneut zum Präsidenten der USA gewählt. In Deutschland konnten wir nur aus der Ferne zusehen, wie die Stimmen nach und nach ausgezählt wurden. Doch wie war die Stimmung in den USA? Unsere Autorin Salome hat mit Kevin Meisel gesprochen. Er verbringt dort sein Auslandssemester und hat die Wahl vor Ort miterlebt.
Salome: Kevin, du hast die Wahl live und quasi vor Ort mitbekommen. Wie geht es dir denn heute, am Tag nach der Wahl?
Kevin: Joa, es könnte auf jeden Fall besser sein. Einige meiner Freunde hier sind auch ziemlich enttäuscht. Grundsätzlich wirklich sehr enttäuschend.
Salome: Habt ihr die Wahl zusammen verfolgt?
Kevin: Ich war abends in einem Kurs und war deswegen, ja, nicht hier, hab es aber während der Class verfolgt und viele meiner Mitstudierenden haben tatsächlich auch auf ihren Laptops die Wahl mitverfolgt.
Salome: Also war die Wahl ein sehr großes Thema in deinem Umfeld.
Kevin: Auf jeden Fall.
Salome: Haben die Menschen Angst vor Trump?
Kevin: Einige haben sehr große Angst vor Trump, auf jeden Fall.
Salome: Wovor genau?
Kevin: Ja, vor allem, was er sagt, eigentlich. Also es gibt tatsächlich auch ‚Psychological counciling‘, also man hat eine E-Mail bekommen, falls es einem sehr schlecht damit geht, falls man sehr belastet dadurch ist, dass man eben auch psychologische Hilfe und Unterstützung von der Universität bekommt. Also, wir kennen ja alle die sehr rassistischen Äußerungen und auch die sexistischen Äußerungen von Trump, und da sind natürlich einige Anhänger von Minority-Gruppen äußerst verängstigt.
Salome: Du sprichst jetzt gerade die Minoritäten an. Hast du Beispiele dafür, wie das die betreffen könnte, der Wahlausgang?
Kevin: Eines der größten Themen bei mir im Umfeld war Abtreibung, und das war zwischen meinen Housemates auch ein großes Diskussionsthema, was für viel Gesprächsstoff gesorgt hat. Und ja, da ist natürlich die Chance darauf, dass das eingeschränkt wird, jetzt viel höher durch Trump.
Salome: Du sagst, die Stimmung bei deinen Freunden ist jetzt nicht so gut. Kalifornien ist ja auch sehr demokratisch geprägt. Hat man das auch im Wahlkampf davor gemerkt?
Kevin: Trump hatte tatsächlich einige Rallyes hier, was relativ überraschend war. Kamala Harris war nicht so oft hier, also man merkt schon, dass das kein Battleground State war und das nicht besonders viel Ressourcen eben an Kalifornien in Anführungszeichen „verschwendet“ worden ist.
Salome: Und wie hast du den Wahlkampf an sich wahrgenommen?
Kevin: Hauptsächlich über sehr, sehr viel Instagram-Werbung. Die Werbung war tatsächlich nur noch „Vote Harris“ und ansonsten, ja, sehr viele E-Mails. Also die Leute hier nehmen das sehr ernst, dass man wählen gehen soll, wo man wählen kann. Tatsächlich, in meinem Umfeld gibt es auch einige Trump Supporter, weil hier im Süden ist der Abstand gar nicht so groß, zwischen Harris und Trump.
Salome: Kamala Harris lag ja in Umfragen relativ lange gleichauf mit Trump. War der deutliche Wahlausgang für dich dann überraschend?
Kevin: War schon sehr überraschend, ja. Einige Demokraten hier waren schon sehr angespannt. Tatsächlich hat noch nie eine Partei quasi eine Wiederwahl gewonnen nach so einer schweren wirtschaftlichen Lage. Und deshalb, ja, waren die Leute schon etwas skeptisch.
Salome: In Deutschland haben schon alle sehr besorgt Richtung USA geguckt. Hast du da Unterschiede wahrgenommen, wie in Deutschland und in den USA berichtet wurde?
Kevin: Ich glaube, vor allem in Deutschland haben die Leute sehr mit einem Kamala-Sieg gerechnet. Das war hier nicht so selbstverständlich. Also die Menschen hier waren schon angespannt und wussten, dass das sehr, sehr schwer werden würde.