Entdecke die Heilkraft der Natur direkt vor deiner Haustür: Zusammen mit einer Kräuterexpertin und unserer Moderatorin Mathilda schauen wir uns an, was die Natur so zu bieten hat und wie du die Pflanzen ganz easy nutzen kannst. Ob am Wegesrand, im Garten oder im Wald: Erfahre, wie vielseitig und wohltuend unsere heimischen Pflanzen sind – und wie du sie sicher anwendest.
Ein Spaziergang vor der Haustür – und plötzlich fallen sie ins Auge: Pflanzen, die unscheinbar wirken, aber voller Heilkraft stecken. Brennnessel, Gänseblümchen oder Spitzwegerich – oft als Unkraut abgestempelt, dabei echte Naturmedizin. Ich treffe heute die Kräuterpädagogin Edith Sichtar, die mir zeigt, welche Heilpflanzen direkt vor unserer Tür wachsen – und wie man sie am besten nutzen kann. Dazu treffen wir uns im Wald direkt an der Landesfinanzschule in Ansbach.
Edith Sichtar “Das hier ist der Beifuß, Artemisia Vulgaris. Das ist eine sehr vielseitige Pflanze, weil wenn man ein Blatt abzupft und das so ein bisschen zerreibt und daran riecht – dann kommen da so richtige Gerüche raus also ätherische Öle sind das.“
Mathilda “Oh wow, das riecht ja richtig gut!”
Edith Sichtar “Die ätherischen Öle darin sind schonmal ein Wirkstoff und ätherische Öle aus verschiedensten Pflanzen, die können zum Beispiel antimikrobiell wirken. Das heißt einfach gegen Bakterien, gegen Viren, gegen Pilze, die irgendwo im Körper lästig sind und wenn man diese Blätter jetzt essen würde oder z.B. auch hier diese kleinen Blüten, dann wäre das ein herber Geschmack – auch so in die bitter Note hinein.”
Mathilda “Ich würd tatsächlich mal probieren, einfach um zu wissen wie’s so schmeckt!”
Edith Sichtar “Also ein ganz kleiner Teil wie gesagt, dass ist wirklich sehr intensiv!”
Mathilda “Das heißt ich kann das jetzt einfach so essen? Sehr interessant aber es erinnert mich irgendwie so bisschen an etwas. Schmeckt gut! Also schmeckt wirklich gut also schmeckt viel viel besser als ich erwartet hab.”
Edith Sichtar “Ja das schmeckt nach mediterranen Kräutern.”
Mathilda “Stimmt ja!” “Thymian.”
Edith Sichtar “Ja Thymian genau, richtig!”
Atmo Vogelgezwitscher
Edith Sichtar ist Diplom Ernährungswissenschaftlerin und Kräuterpädagogin. Sie bietet regelmäßig Kräuterwanderungen an, bei denen man lernt, wie man Wildpflanzen bestimmt, sie richtig einsetzt und auch giftige Doppelgänger erkennt.
Edith Sichtar “Ja dann schauen wir jetzt mal, was im Wald wächst. Also im Wald is gar nicht so viel muss man sagen ”
Mathilda “Nicht?”
Edith Sichtar “Weil die meisten Pflanzen ja eigentlich so wachsen, dass sie ja viel Licht brauchen. Und im Wald is ja eigentlich ja meistens dunkel, das heißt es sind nur ganz wenige Arten, die mit dieser Dunkelheit umgehen können. Grad so im Bereich, ja eben essbare Wildpflanzen, krautige – gibts da gar nicht so viel. Gut, wenn man jetzt ins Frühjahr geht, der Bärlauch, das wäre jetzt noch was für den Wald, aber der ist jetzt auch vorbei.”
Es kommt immer wieder vor, dass Pflanzen miteinander verwechselt werden. Ein bekanntes Beispiel ist der Bärlauch, der leicht mit dem Maiglöckchen oder der Herbstzeitlosen vertauscht werden kann. Während bestimmte pflanzliche Gifte gezielt in Medizin und Zucht eingesetzt werden, stellt ihr ungeprüfter Verzehr ein ernstes Gesundheitsrisiko dar.
Edith Sichtar „Also wenn man jetzt kein geschultes Auge hat, dann kann man tatsächlich Maiglöckchen und Bärlauch verwechseln. Also die ham beide sozusagen zwei Blätter und die Blätter haben auch ne sehr ähnliche Form. Es ist natürlich auch ein ähnlicher Lebensraum, in dem sie wachsen. Beides eben der Wald und bevor die blühen, also wenn ich nur die Blätter hab, dann kann das beides eben schon sehr ähnlich aussehen.”
Im Maiglöckchen etwa sind Glykoside enthalten, die das Herz in seiner Aktivität entweder beschleunigen oder verlangsamen können. Schon geringe Mengen können Übelkeit, Erbrechen sowie gefährliche Rhythmusstörungen auslösen.
Edith Sichtar “Bei Maiglöckchen oder Bärlauch ist es so, ich kann z.B. auf den Boden achten. Also wenn ich jetzt z.B. weiß, ich bin jetzt in einer Gegend, wo eher kalkhaltiger Boden ist, dass kann ich z.B. auch nochmal recherchieren oder googlen, dann weiß ich: da ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich Bärlauch finde. Wenn ich jetzt in einer gegend bin, wo eher sandige Böden sind, dann schauts mit Bärlauch eher schlecht aus- da wird eher wahrscheinlich dann nicht wachsen.”
Auch der zweite Doppelgänger ist gefährlich: Die Herbstzeitlose enthält Colchicin – eine Substanz, die die Zellteilung hemmt und so zur Vergrößerung von Pflanzenzellen führt. Beim Menschen kann sie jedoch zu schweren Vergiftungserscheinungen wie Nierenversagen, Atemstillstand oder Kreislaufzusammenbruch führen. Deshalb gilt: Genau hinschauen – und lieber erstmal nicht pflücken, wenn man sich unsicher ist.
Edith Sichtar “Also hier stehen wir grad vor unserem heimischen Superfood schlechthin. Der Brennnessel. Und die Brennnessel kann sozusagen alles. Und wir haben auch ne enorme Nährstoffdichte drinnen. Also wir haben einen sehr hohen Gehalt an Eisen, auch Vitamin C. Die zwei begünstigen sich ja in der Aufnahme, also da hab ich gleich so den Doppelpack drin. Wir haben Kalcium, wir haben Zink drinnen. Also wirklich sehr viel und was auch sehr besonders ist, nen sehr hohen Proteingehalt. Also bei der Brennnessel ne Ausnahme. Sowohl in den Blättern als auch dann in den Samen, enthält sie sehr viel Protein und von demher kann ich das auch nochmal als pflanzliche Proteinquelle nutzen.”
Mathilda “Wie pflückt man die denn am besten? Also, weil jetzt einfach anfassen is glaub ich – dann brennts oder?”
Edith Sichtar “Die Brennnessel hat diese kleinen Brennhaare. Die stehen aber so in einer Richtung ab. Das heißt, wenn ich sie sozusagen in Blattrichtung anfasse und dann eben so drüber streiche, also quasi wie beim Fell von einem Tier, dass ich eben in Fellrichtung streichel und nicht dagegen, dann brennt die auch gar nicht. Also dann kann ich die einfach ganz normal anfassen.”
Mathilda “Ich probier das jetzt mal. Ich wage mich jetzt mal. Ok also einfach hier nehmen und dann pflücken?”
Edith Sichtar “Genau. Einfach pflücken”
Mathilda “Ich glaub ich nehm eins von weiter oben! Ich probier das hier mal, weil dann hab ich das AU!”
Edith Sichtar “Oh ja, das war schon.”
Mathilda “Das war schon zu spät.”
Edith Sichtar “Also wenn wirs umdrehen, sieht man von unten diese Brennhaare und die stehen so ab. Wenn ich jetzt so drüber gehe, dann kann ich das wirklich schön in die Richtung wo sie wachsen, schön abbrechen. Genau jetzt sind die im Prinzip neutralisiert. Also man sieht die jetzt auch gar nicht mehr. Ich könnte jetzt theoretisch auch so essen.”
Mathilda “Das probier ich jetzt! Ich will alles mitnehmen, was geht. Ohhh jetzt trau ich mich nicht mehr!”
Edith Sichtar “Hier einfach an diesem -”
Mathilda “Da?”
Edith Sichtar “Genau ganz vorsichtig und dann in die Richtung sozusagen streicheln.”
Mathilda “Also es tut auf jeden fall schonmal nicht weh. Das ist krass. Das ist cool. Es is so weich! Es ist wirklich weich wow!
Atmo im Hintergrund, wir suchen nach einer bestimmten Pflanze
Nachdem wir uns gerade mit der vielseitigen Brennnessel beschäftigt haben, haben wir uns weiter auf die Suche nach einem Kraut gemacht, das bereits im Altertum hohen Stellenwert hatte. Das Johanniskraut. Die leuchtend gelben Blüten entfalten besonders zur Zeit der Sommersonnenwende ihre Kraft – deshalb blüht das Johanniskraut rund um den Johannistag Ende Juni und gilt als Symbol für Sonnenlicht und Hoffnung
Edith Sichtar “Also das Johanniskraut enthält einerseits ätherische Öle aber dann auch diese charakteristischen Farbstoffe, also wenn man die Blätter zerreibt, dann bekommt man diese rötlichen Finger. Aber eigentlich so das Wichtigste Einsatzgebiet vom Johanniskraut ist tatsächlich bei schlechter Stimmung. Also in niedrigen Konzentrationen natürlich als Tee zum Beispiel.
Tja, ganz schön beeindruckend, was hier alles wächst, oder? Und oft reicht schon ein genauer Blick, um kleine Schätze zu finden. Ob im Garten oder im Wald – die Natur hält kleine Wunder bereit. Wer mit offenen Augen, dem nötigen Wissen und Respekt sammelt, findet Heilkraft direkt vor der eigenen Haustür, die viele Alltagsbeschwerden lindern kann. Einen Arztbesuch ersetzen sie allerdings nicht.