Pränataldiagnostik – Bürde oder Erleichterung?

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Pränataldiagnostik kann für viele werdende Eltern beruhigend sein. Im Gespräch mit unserem Moderator Lukas erklärt Rabbit Radio Redakteurin Lena, was genau dabei untersucht wird, wie sicher Tests wie der NIPT sind – und warum das Wissen manchmal auch unter Druck setzen kann.

Was ist Pränataldiagnostik (PND)? Der erste Überblick

Lukas: Wir haben heute in der Sendung nicht nur Reportagen unserer Autor*innen für euch dabei. Lena, du selbst hast dich ja auch zu einem Aspekt näher beschäftigt, und zwar hast du dich mit einem Thema auseinandergesetzt, das für viele werdende Eltern vor allem sehr wichtig ist und dann eben auch oft emotional belastend. Also die Rede ist von Pränataldiagnostik, das ist eine Untersuchung des noch ungeborenen Babys, klär uns auf, was ist das genau?

Lena: Ja genau. Pränataldiagnostik ist eine spezielle Untersuchung, die etwa ab der 12. Schwangerschaftswoche durchgeführt wird. Damit kann man mögliche Auffälligkeiten beim ungeborenen Kind erkennen.

Lukas: Welche könnten das denn zum Beispiel sein?

Lena: Ja, das können zum Beispiel Missbildungen sein, Probleme mit den Organen wie angeborene Herzfehler oder auch eben genetische Defekte.

High-End-Ultraschall & Experteninterview

Lena: Die wichtigste Untersuchungsmethode ist dabei der Ultraschall, aber im Unterschied zum normalen Ultraschall verwenden Fachärzt*innen hochauflösende Geräte. Über das Thema habe ich mich mit Doktor Schälike unterhalten. Er ist Facharzt für Pränataldiagnostik und leitet ein Zentrum mit Standort in Nürnberg, Ansbach und Bayreuth.

Dr. Schälike: Das ist ein ganz normaler Ultraschall mit zwei Besonderheiten. Die Technik ist absolut High End und was wir wichtig finden, ist der, der vor der Maschine sitzt, muss auch die entsprechende Ausbildung haben, die Erfahrung und die Menge der Auffälligkeiten, die man in seinem Leben gesehen hat, um zu unterscheiden, ist es noch die Norm Variante oder muss man da hinterher schauen und weiter abklären.

Down-Syndrom erkennen: Wie sicher ist der NIPT?

Lukas: Hier ist jetzt von Norm Variante die Rede. Ich vermute mal, dabei handelt es sich dann um ein Ungeborenes ohne Auffälligkeiten. Ein großes Thema ist da ja oft auch das Downsyndrom, wie sicher lässt sich zum Beispiel das Downsyndrom feststellen?

Lena: Im Ultraschall können bei etwa 75 Prozent der Fälle Hinweise sichtbar werden, zum Beispiel eine vergrößerte sogenannte Nackentransparenz oder eben ein Herzfehler. Zusätzlich gibt es den sogenannten NIPT. Das steht für nicht-invasiver Pränataltest. Also dabei wird der Mutter einfach Blut abgenommen, im Labor wird er dann untersucht, ob sich eben Hinweise auf bestimmte genetische Veränderung beim ungeborenen Kind zeigen. Der Test liefert über 99 Prozent Sicherheit eine Risikoabschätzung, ersetzt aber keine Diagnose. Also wenn das Ergebnis auffällig ist, folgt meist noch eine Fruchtwasseruntersuchung, und die gilt heute als sehr sicher, wie Dr. Schälike versichert.

Dr. Schälike: Also jede Untersuchung die Nadel in die Hand nimmt, hat bestimmte Risiken, aber die Fruchtwasseruntersuchung, seit Jahren eine sehr niedrige Komplikationsrate in der aktuellen Phase bei uns im Zentrum sind die Komplikationsraten fast identisch mit dem natürlichen Abordrisiko.

Die schwere Entscheidung: Medizinische Indikation (§ 218)

Lukas: Also das habe ich jetzt verstanden. Aber was passiert denn jetzt genau, wenn so eine schwere Auffälligkeit festgestellt wird?

Lena: Ja, wenn bei einer Untersuchung tatsächlich eine schwere Auffälligkeit festgestellt wird, stehen die Eltern vor einer sehr, sehr schwierigen Entscheidung. Ein Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland grundsätzlich bis zur 12. Schwangerschaftswoche möglich. Ein Abbruch ist auch noch später möglich, allerdings nur, wenn eine sogenannte medizinische Indikation vorliegt. Das regelt eben der Paragraf 218 des Strafgesetzbuches.

Lukas: Und was sagt der?

Lena: Also, der besagt, wenn eben die körperliche oder die seelische Gesundheit der Mutter ernsthaft gefährdet ist, darf eben ein Abbruch vorgenommen werden, aber natürlich nach ärztlicher Prüfung und nach einer Beratung.

Dr. Schälike: Ja, vor allem dann die Beratung danach, wenn es Besonderheiten gibt, gibt es dann verschiedene Wege, die Erkrankungen oder die Probleme des Kindes zu lösen, zu helfen und zu unterstützen und dann auch natürlich dann den Ort der Geburt richtig zu wählen.

Gesellschaftlicher Druck und die Rolle der PND

Lukas: Zusammengefasst heißt das denn jetzt, wenn zum Beispiel ein Down syndrom festgestellt wird, bedeutet das aber nicht unbedingt auch, dass das Kind dann automatisch sofort abgetrieben wird. Die Pränataldiagnostik ist also erstmal einfach eine Möglichkeit, sich als Eltern auf alle Szenarien vorzubereiten.

Lena: Genau.

Lukas: Aber da kann ich mir auch vorstellen, dass einige Eltern da in einer Art ja Bredouille oder sowas geraten. Wie hoch ist denn da der Druck dahinter?

Lena: Ja, also Doktor Schälike hat mir da eben erzählt, dass er die Beobachtung in seiner Praxis macht, dass die Eltern oft unter Leistungsdruck stehen. Also die werden oft gefragt, warum hast du das Kind denn bekommen, man hätte das doch vorher wissen können, und das setzt vieles sehr unter Druck und leider zeigt die Statistik, dass 9 von 10 Schwangerschaften beendet werden, wenn ein Downsyndrom diagnostiziert wird.

Lukas: Ja, wenn man das jetzt sich mal so eine Dystopie vorstellt, dann könnte das ja für die Zukunft bedeuten, dass wir unsere Kinder eigentlich nach dem Gesundheitszustand auswählen können. Das heißt ja dann konkret, das Leben ist also dann mehr wert, wenn es zum Beispiel ohne Downsyndrom auf die Welt kommt. Da gibt es ja mit Sicherheit auch Eltern, die das explizit nicht untersucht wissen wollen.

Lena: Ja, auch das wird natürlich selbstverständlich respektiert. Wichtig ist nur, dass die Entscheidung gut informiert getroffen wird, denn Pränataldiagnostik bedeutet nicht automatisch, sich gegen etwas zu entscheiden, sie kann auch einfach helfen, sich besser vorzubereiten und in über 96 Prozent der Fälle zeigen die Untersuchungen, dass alles in Ordnung ist, also die Gewissheit, kann eben für viele werdende Eltern auch eine sehr große Erleichterung sein.

Lukas: Ja, vielen dank, Lena und natürlich auch vielen Dank an Doktor Schälike für diese wichtigen Einblicke.