Retro Rabbit: Anonymous

Mit Retro Rabbit nehmen wir euch mit auf eine Reise zurück in unsere Archivschätze – die besten Beiträge, Interviews und Highlights aus der Vergangenheit, neu entdeckt für heute!
Anonymous ist zurück in der Öffentlichkeit. Doch was genau macht Anonymous und was soll man von diesem Internetphänomen halten? Unsere Autoren Niklas und Felix haben sich mit dem Thema auseinandergesetzt. Sie haben mit einem Aktivisten von Anonymous Germany und Dr. Stephan Eisel gesprochen. Der frühere Bundestagsabgeordnete wurde bereits zum Ziel der Gruppierung.

Dr. Stephan Eisel: Ich hab‘ ja auch solche Drohvideos, ne, mit dieser verfremdeten Stimme. Ich hab‘ auch schriftlich sogar Briefe bekommen, also Postkarten. Wir wissen genau, wo sie wohnen. Also des ist ganz eindeutig aus dem Handbuch der Feinde der Demokratie. Des war so in dem Zeitraum 2010 bis 2012.

Niklas: So äußerte sich Dr. Stephan Eisel als wir ihn vor knapp zwei Wochen auf Anonymous ansprechen. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete der CDU war durch seine Blogs ins Blickfeld von Anonymous Germany geraten. In diesen kritisierte er unter anderem das Verhalten der Gruppe.

Felix: Harte Fakten und Vorwürfe. Drohungen und Hackerangriffe um Stephan Eisel einzuschüchtern. Diese Seite von Anonymous gab es eine Zeit lang. Sie gehört aber laut einem Aktivisten von Anonymous Germany mittlerweile der Vergangenheit an. Seit diesem Vorfall sind nun acht Jahre vergangen. Der Aktivist äußert sich uns mit verzerrter Stimme.

Aktivist Anonymous Germany: Wir arbeiten mit Fakten und belegbaren Fakten. Und AnonNewsDE ist ja dafür auch bekannt, bisher nichts geliefert zu haben, was auf irgendwelchen Sachen beruht, die keine Tatsachen oder keine Fakten sind. Da gibt’s ja auch schon ‘ne längere Historie seit 2012, die man immer noch nachlesen kann. Wenn man eine Operation macht, die wichtig ist, möchte man ja Leuten helfen und das würde rein theoretisch dagegensprechen, jetzt irgendwelche Sachen zu zerstören oder Leute anzugreifen. Das ist absolut nicht gewollt.

Felix: Der Aktivist selbst ist seit zehn Jahren in der Szene aktiv und spricht für den Twitter Account AnonNewsDE mit über 70.000 Followern. Auch beruflich ist er im IT-Bereich tätig. Aktuell zeigt die öffentliche Auseinandersetzung mit Attila Hildmann die Absichten von Anonymous. Der Koch hat seit der Corona-Krise mit Verschwörungstheorien eine große Reichweite erreicht. Angesprochen auf den Tweet, indem Hildmanns Adresse, teilweise geschwärzt, geleakt wurde, gibt der Aktivist Einblicke.

Aktivist Anonymous Germany: Also wir machen quasi das, was das BKA macht. Wir machen eine Rasterfahndung mit seinen Fotos und seinen Infos die er rausgibt. Und diese Infos kann er aufgrund, weil er in der Öffentlichkeit steht nicht vermeiden. Es gibt dann halt fünf bis zehn Leute, die nichts anderes den ganzen Tag machen als Informationen ran zu schaffen. Die kein Geld bekommen, sich Nächte und Tage um die Ohren zu schlagen. Und das ist das Ziel: Ihn halt klein zu machen, weil er hat ja halt auch über 60.000 Abonnenten auf Telegram. Davon muss nur ein einziger diese Worte die er dort von sich gibt Ernst nehmen und dann haben wir leider wieder ein zweites Hanau oder ein zweites Halle und das möchten wir nicht.

Felix: Im Anonymous-Netzwerk sind aktuell ungefähr 280 Leute aktiv. Es gibt eine Kerngruppe von 15-20 Personen. Es läuft alles demokratisch ab. Keiner sagt dem anderen, was er zu tun hat. Ideen für Aktionen kann jedes Mitglied einbringen. An der laufenden Operation sind 100-130 Leute beteiligt. So aktiv wie aktuell soll es auch weitergehen.

Aktivist Anonymous Germany: Die Leute, die haben auf jeden Fall Bock. Das Netzwerk wo drin agiert wird, wird immer voller und diese Operation Alufolie, also Operation Tinfoil. Ich denke mal da wird noch einiges kommen, weil momentan hat man die Manpower und das wird man halt auch definitiv nutzen. Attila Hildmann wird sich spätestens dann, wenn die Polizei vor der Haustür steht selbst erledigt haben. Da ermittelt dann sogar der Staatsschutz und die Polizei Brandenburg.

Niklas: Der Ex-Bundestagsabgeordnete hat bemerkt, dass der Typus von Aktivisten, dem er ausgesetzt war, weitgehend verschwunden ist. Aber wenn die Methoden gleich bleiben, dann hält der Politiker an seiner Meinung fest.

Dr. Stephan Eisel: Ein Grundprinzip der Demokratie ist: Agree to Disagree. Ne, man respektiert, dass man unterschiedlicher Meinung ist und versucht nicht, die zu unterdrücken. Und diesem Prinzip sind diese Anonymous Leute – von diesem Prinzip sind sie absolute Gegner. Und deswegen auch Anti-Demokraten.

Niklas: Verstecken sich Feinde der Demokratie hinter der Maske von Anonymous? Oder hilft die Gruppierung mit ihren Fähigkeiten der Gesellschaft, indem Sie auf Gefahren aufmerksam macht und dagegen vorgeht? Derzeit steht hier Aussage gegen Aussage.