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Wer seinen Führerschein wegen Alkohol, Drogen oder zu vieler Punkte verliert, kommt um die MPU kaum herum. Doch ist die „medizinisch-psychologische Untersuchung“ wirklich nur ein teurer Idiotentest – oder eine echte Chance zur Veränderung?
Phillip: Dummheit schützt vor Strafe nicht. Das gilt woanders, genauso wie im Straßenverkehr. Wer mit Alkohol, Drogen oder anderen Delikten auffällig wird, muss nicht nur eine saftige Geldbuße berappen. Meistens müssen auch die Auflagen einer medizinisch-psychologischen Untersuchung erfüllt werden.
Die Führerscheinbehörde ordnet eine solche MPU immer dann an, wenn Bedenken an der Fahrtauglichkeit vorliegen. Neben Alkohol und Drogen, können das aber auch zu viele Punkte sein.
Trotz der hohen Kosten von durchschnittlich rund 600 EURO für eine MPU, geht es nicht darum erneut zu bestrafen. Diplom-Psychologe Carsten Ehm führt dies wie folgt aus.
C. Ehm: Die MPU soll dazu dienen, zu erkennen „Gibt es das Problem, was letztlich zum Führerscheinentzug geführt hat, immer noch?
Phillip: Auch Ölcan Kalkan äußert sich ähnlich. Er bietet spezielle Kurse an, die auf die MPU vorbereiten sollen. Es geht darum, den Ist-Zustand zu ändern.
Ö. Kalkan: Deswegen sollte man es als eine Chance sehen. Und dann wäre es für ihn eine dankbare Angelegenheit, dass er niemanden verletzt hat, sich selbst nicht verletzt hat, daraus gelernt hat und gut ist.
Phillip: Ursprünglich wurde die MPU für Menschen eingeführt, die körperliche sowie psychische Einschränkungen wie zum Beispiel fehlende Gliedmaßen oder Traumata haben. Die MPU sollte feststellen, ob sie mit dem immer dichteren Straßenverkehr überfordert sein könnten. Später erweiterte sich der Kreis. Es mussten dann auch diejenigen antreten, die zu oft durch die theoretische Führerscheinprüfung gefallen sind. So hat sich der wenig schmeichelhafte Begriff des „Idiotentests“ etabliert. Heute muss die MPU bestimmte Kriterien erfüllen. Neben einem Psychologengespräch beinhaltet sie eine medizinische Untersuchung und einen Reaktionstest. Unvorbereitet sollte man eine MPU deshalb nicht antreten. Psychologe Carsten Ehm hat dafür den treffenden Vergleich.
C. Ehm: Stellen sie sich eine Abiprüfung vor. Stellen sie sich vor sie haben einen Leistungskurs Biologie. Würde sie den heute ohne Aufarbeitung, ohne lernen schaffen? Und hier ist das Prüfungsgebiet letztendlich ihr Fehlverhalten, ihr Erleben und ihre Motivation und früheren Einstellungen.
Phillip: Wer die MPU bestehen will, muss sich also z.B. mit seinem Drogenkonsum oder seinen ständigen Verkehrsdelikten ehrlich auseinandergesetzt haben. Und eben glaubhaft machen können, dass all das in Zukunft aufhört. Daher ist um die MPU ein ganzes Geschäftsfeld mit speziellen MPU-Vorbereitungskursen entstanden. Oft ist von einer Erfolgsgarantie zu lesen, die eine schnelle und unkomplizierte Abwicklung verspricht. Dabei sollte man jedoch auf bestimmte Kriterien achten, sagt der Psychologe klar.
C. Ehm: Letztendlich würde ich gucken, welche Ausbildung steckt dahinter. Gibt’s eine 100%-Garantie? Davon würde ich abraten, weil, die gibt es einfach nicht.
Phillip: Ölcan Kalkan leitet selbst solche MPU-Vorbereitungskurse in Nürnberg. Auch er hält Garantieversprechen für problematisch und stellt klar, dass es sich dabei um einen Prozess handelt.
Ö. Kalkan: Eine Garantie gibt es nicht. Das sind alles Dampfplauderer. Einen Menschen kann man nicht ändern, einen Menschen kann man nur verbessern. Und ein Verbesserungsprozess braucht Zeit.
Phillip: Trotzdem: Der Aberglaube, die MPU sei ein Glücksspiel oder Willkür basiert nicht nur auf dem schlechten Image der vielen schwarzen Schafe auf dem Markt für Vorbereitungskurse. Carsten Ehm gibt abschließend auch einen anderen Grund an.
C. Ehm: Die MPU wird nicht verstanden. Und wenn ich etwas nicht verstehe, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich etwas abwerte als Blödsinn oder Glückspiel recht leicht.