Dieser Podcast nimmt euch mit auf eine packende Reise, die mit Christophs ersten Berührungen mit Cannabis beginnt und über seinen Aufstieg zum Drogendealer bis hin zu seiner dramatischen Verhaftung und Haftstrafe reicht. Ein Podcast von Fabian Paulitschek und Tarkan Hosdag, der nicht nur unter die Haut geht, sondern auch die komplexen sozialen und rechtlichen Facetten des Drogenhandels beleuchtet.
Christoph: So wie fast jeden Tag ist der Max am Abend nach der Arbeit zu mir gekommen. Wir haben uns einfach getroffen,
gequatscht und dann sind wir am Balkon gestanden, haben Zigarette geraucht …
Tarkan: Das ist Christoph, 25 Jahre alt.
Christoph: und dann ging es darum, weil wir einfach beide kein gutes Gefühl hatten, dass ich zu ihm gesagt hab hey Max, das
funktioniert so nicht mehr. Das Auto, das muss leer gemacht werden, so schnell wie es geht. Es ist einfach … wir können
die Scheiße nicht so weiter machen. Und er hat dann auch gesagt, ja sieht er genauso, er kümmert sich drum. Das war aber dann am Ende leider etwas zu spät.
Tarkan: Wovon Christoph hier erzählt, ist eine Art Lebensbeichte. Ein noch junges Leben, das ab einem bestimmten Punkt anders
verläuft als bei den meisten anderen. Wir erzählen dieses Leben. Und wir möchten beantworten: Was genau ist es, das ihn, Christoph, so falsch abbiegen läßt?
Fabian: „Verbrecherleben: Drogen, Banden, Haft“ Ein Podcast von Fabian Paulitschek und Tarkan Hosdag
Zum Schutz der Betroffenen, wurden die Namen der Beteiligten geändert.
Tarkan: Doch fangen wir von vorne an. Christoph D. hatte eine normale Kindheit. Seine Eltern lassen sich scheiden, da ist er 12 Jahre alt. Er bleibt bei seiner Mutter, zieht mit ihr in eine andere Kleinstadt und geht dort zur Schule. Zu seinem Vater hat er in dieser Zeit immer weniger Kontakt. Keine perfekte Kindheit also, aber das Verhältnis zu seiner Mutter ist gut, sie kann die kleine Familie ernähren. Christoph kommt in der Schule ganz gut klar. So wie ihm, geht es vielen Kindern in seinem Alter, also alles normal, so scheint es. Irgendwann jedoch ändert sich sein junges Leben. Christoph probiert Cannabis, er kommt mit Betäubungsmitteln in Kontakt. Auch das soweit fast normal. Doch er geht einen Schritt weiter: Er fängt an mit Cannabis und anderen Drogen zu handeln.
Christoph: Dass die Geschäfte sich so entwickelt haben, war keine persönliche Entscheidung, dass ich jetzt sage okay, ich
mache jetzt halt, ich verkaufe jetzt Drogen, sondern es ist einfach von Tag zu Tag dazu gekommen und man verliert den Blick für das große Ganze. Und persönlich war es für mich letztendlich so, dass ich ja, das ist. Ehrlich gesagt ist es schwierig zu sagen, weil man hat, wenn man konsumiert, vor allem in der Zeit, nicht so den Blick dafür, weil man lebt so ein bisschen von Tag zu Tag und dann verliert man letztendlich dieses okay, man macht Straftaten oder man begeht Straftaten, man macht was, was man nicht machen darf, verliert man einfach aus dem Blick.
Tarkan: Angefangen hat alles in seiner Schulzeit. Christoph lernte über seinen Freundeskreis, den er in Regensburg hatte, Max
kennen. Durch den gemeinsamen Konsum von Cannabis verbringen die beiden immer mehr Zeit zusammen und es entwickelt sich eine enge Freundschaft.
Christoph: Und es ist dann natürlich, wie es bei vielen Leuten ist, hat sich das ergeben, dass wenn man zusammen konsumiert,
dass man auch zusammen Cannabis kauft.
Terkan: Doch der Konsum ist teuer für einen Schüler, und sie konsumieren viel. Max und Christoph fangen an, erst
Cannabis und dann auch andere Drogen zu dealen. Das soll erst mal ihren eigenen Konsum finanzieren.
Christoph: Ich habe da meine Schule aufgehört, da gab es eine Zeit, wo ich wirklich jeden Tag mit Max unterwegs war. Wir haben
jeden Tag was gemacht. Er hatte keine Schule mehr, ich hatte keine Schule mehr und so war das eigentlich hat sich die ganze Freundschaft so entwickelt, dass er eigentlich für mich wie ein Bruder war.
Tarkan: Von dem ursprünglichen Weiterverkaufen an Freunde und Bekannte entwickelte sich es schnell weiter und Christoph
wurde dabei immer unvorsichtiger. Er fuhr regelmäßig mit 150 Gramm Cannabis oder mehr im Auto herum, hatte das Zeug
immer dabei, selbst in der Stadt. Oft konsumierte er auch während des Autofahrens. Das endete jedoch schnell 2018 durch eine
Verkehrskontrolle, die zu seiner ersten Festnahme führte.
Georg: Das erste Mal den Kontakt mit im Gericht, da war er zwar schon volljährig, aber er war noch unter Jugendstrafe und das
war für mich jetzt persönlich auch nicht überraschend.
Tarkan: Das ist Georg, Christophs Vater.
Georg: War ja klar, dass da einfach Rauschmittel im Spiel sind. Also sowohl hat man erstens Mal gesehen, dann hat man es
erwarten gemerkt, dann war es ja auch, man hat es auch gerochen und ich habe ihn immer darauf hingewiesen, äh, wenn dich die Polizei aufhält, dass er die brauchen, die brauchen die da mal testen. Also das ist sowas von klar, dass da einfach Rauschmittel in dem Fall Gras im Spiel ist. Also da brauche ich nicht jetzt irgendwie, ein Hund sein.
Tarkan: Christoph gerät also in besagte Verkehrskontrolle, er wird festgenommen. Noch am selben Abend steht die Polizei vor
seinem Elternhaus, in dem sein Vater nach wie vor mit seiner neuen Lebensgefährtin wohnt. Nachts um 1, 5 Beamte in voller
Montur. Im Gepäck: ein Durchsuchungsbefehl.
Georg: Wie ich dann reingegangen bin, hab die Polizisten reingelassen, hat mich hoch hochgebracht, in sein Zimmer, war ich überhaupt ned überrascht. Also für mich war es einfach klar, jetzt ist es passiert und war einfach relativ. Ja, wir haben gedacht, na ja, wir hätten auch sagen können, es ist ein Unfall passiert. Das ist ja immer dann so, dass man dann sagt okay, ist jetzt alles nicht so, aber es war für mich nicht überraschend.
Tarkan: Christoph landet vor Gericht. In der darauf folgenden Verhandlung wird er für den Besitz von Cannabis verurteilt. Die
Strafe: eine Woche Jugendarrest und zusätzlich 2 Jahren auf Bewährung Ein fetter Warnschuss für Christoph. Er hört auf, kein Konsum mehr, kein Dealen. Es kehrt wieder Normalität ein. Da er seine Schule abgebrochen hatte, beginnt er eine Ausbildung als Industriemechaniker. Er zieht in eine eigene Wohnung und führt ein normales Leben. Zumindest denken das seine Eltern.
Georg: Von der Aussage vom Christoph her war des eigentlich soweit erledigt. Obwohl, dass meine jetzige Frau immer schon gesagt hat, irgendwie ist da so eine Unruhe da. Er ist er sehr unter Strom, war auch sehr viel Alkohol im Spiel und so, aber es war für mich eigentlich, ich glaub ich hab ihn sogar paarmal gefragt: Ist noch was? Nein, es ist alles super bla. Und ja, dann ist es für mich immer Vertrauen ist okay, passt. Wenn mein Sohn sagt, dann passt es.
Tarkan: Doch die böse Überraschung folgt im März 2021: Das SEK steht bei Christophs Vater vor der Haustür. Dieser erinnert
sich:
Georg: Ich weiß noch, es war ein super schöner Sonnentag, so was vergisst man auch nicht. Und dann kommen die wieder zwei
Einsatzwagen, wieder komplette Mannschaft und rein. Warn da aber, muss man tatsächlich auch sagen, sehr entgegenkommend, sehr freundlich immer also na ja. Auf alle Fälle war dann für uns immer noch nicht klar, was eigentlich los ist. So, und dann war es wieder so, ja was ist passiert? Ja, auf alle Fälle, es war klar, Christoph ist verhaftet worden. Und dann hats uns wirklich den Boden weggezogen. Also mir. Wir haben ja gar nicht gewusst wieso. Ich habe vorher nichts mitbekommen. Also keine Geschäfte, kein irgendwie. Christoph, wie vorhin schon erwähnt, ist wirklich sehr, sehr schlau, das Ganze auch, sag ich jetzt mal, so zu biegen, dass man das so nicht mitbekommt, also nicht direkt. Und dann habe ich dann bloß versucht, irgendwie den Kripobeamten die Telefonnummer von mir zu geben, die Handynummer, weil ich glaube, dass des der Christoph ja nicht hat, weil dem nehmen sie ja wahrscheinlich alles weg. Er hat gesagt, er kümmert sich drum und dann habe ich gesagt: Ja, wie schaut’s aus? Weil ich hab dann gewusst, er wird dem Haftrichter vorgeführt, ob er wieder, rauskommt. Also für mich war eigentlich klar, naja Haftrichter, gut, dann schaun die bisschen, ja passt schon und dann ist ja das erste Mal gefallen: Bei dieser Menge schätzt er nicht.
Tarkan: Christoph war wieder ins Drogengeschäft eingestiegen, diesmal so groß wie noch nie. Zusammen mit vier weiteren Männern handelte er von 2021 bis 2022 mit Betäubungsmitteln. Die Gruppe wird von Max geleitet, der koordiniert den An- und
Verkauf von Cannabis und Kokain über ein Kryptohandy. Er nutzt dafür die verschlüsselten Messangerdienste SkyECC und
EncroChat. Insgesamt werden von den Vieren etwa eine halbe Tonne Cannabis und ein halbes Kilo Kokain in Regensburg und
Umgebung in Umlauf gebracht. Geschätzter Wert: 1,6 Millionen Euro. Christoph schwimmt praktisch im Geld.
Christoph: Die Geschäfte, als die auf ihrem Höhepunkt waren, also wo es richtig gut gelaufen ist, hat sich in der Hinsicht verändert, dass wir letztendlich nie Geldprobleme hatten. Wir haben immer alles kaufen können, wir sind oft gegangen, wir haben
Autos gemietet oder geleast oder auch gekauft. Wir sind in Urlaub gefahren mit dem Geld. Und es war natürlich auch so, dadurch das für uns das Geld keine Rolle gespielt hat, weil es ja immer da war, haben natürlich auch unsere Freunde, die mit der Geschichte nichts zu tun hatten, hatten davon natürlich auch was, weil wir nie gesagt haben, wir gehen jetzt nur in der Gruppe feiern, sondern wir nehmen alle mit, jeder kann, was davon haben und fertig ist. Es war bei uns auch schon immer so, dass einfach jeder ist mitgenommen wurden, jeder konnte Spaß haben und fertig.
Tarkan: Eine Woche vor Christophs Verhaftung wird zufällig einer aus seiner Dealer-Gruppe im Zug kontrolliert und mit eine
größeren Menge Cannabis erwischt. Er wird verhaftet und verhört. Christophs Nerven liegen ab da blank. Wird der Kollege sie
verpfeiffen? Ist ihnen die Polizei vielleicht schon auf der Spur?
Fabian: März 2021, 6:00 Uhr morgens. Vom Balkon der kleinen Wohnung in Regensburg sieht man über eine große Straße einen Spielplatz. Die Stadt liegt noch ruhig da, zu hören sind nur die Geräusche der Autos und singenden Vögel.
Christoph: Ich bin aufgewacht, weil ich irgendwas im Treppenhaus gehört habe. Und so früh hört man im Treppenhaus
normalerweise nichts, vor allem, wenn man nicht so früh aufsteht. Ich bin in Boxershorts und T-Shirts aus meinem Bett
raus und dann habe ich nur gehört Polizei, Polizei. Und dann standen auch schon elf Polizisten bei mir in der Wohnung und
wollten meine Wohnung durchsuchen. Die konnten deswegen einfach so leicht rein, weil ich nie meine Wohnungstür abgesperrt habe. Deswegen war der Polizist mit dem Rammbock etwas fehl am Platz. Die Polizisten haben sich direkt aufgeteilt in der ganzen
Wohnung. Es waren insgesamt drei Zimmer, Küche, Bad. Ich bin immer noch in Boxershorts und T-Shirt dagestanden, mit
drei Polizisten in meinem Schlafzimmer, die mir dann erklärt haben, dass sie hier eine Hausdurchsuchung durchführen,
wo ich dann erstmal gefragt habe okay, ich würde gern den Durchsuchungsbefehl sehen, den sie mir aber nicht gezeigt
haben. Das hat dann ungefähr, würde mal sagen, eine Dreiviertelstunde gedauert, bis mir dann ein Polizist diesen
Durchsuchungsbefehl gezeigt hat. In der Zeit war ich aber schon im Bad mit einem Polizisten nicht eingesperrt aber
wurde ich festgehalten. Es ist letztendlich so gewesen, dass die meine komplette Wohnung verwüstet haben und alles
durchsucht haben, was geht. Ich habe das am Ende nur von Bildern gesehen, wie meine Wohnung am Ende aussah. Und ungefähr drei Stunden später, also um 9:00, wurde mir dann die Verhaftung erklärt, weil sie ein Auto geöffnet haben, wo sie etwas drin gefunden haben zehn Kilo Cannabis gefunden. Neun knapp neun Gramm Kokain. Und in meiner Wohnung selber haben sie
einen Tresor gefunden, den sie nicht direkt öffnen konnten, weil ich denen den Code nicht gegeben habe. Und der wurde
aber dann gewaltsam geöffnet, soweit ich weiß Und in dem Tresor lagen insgesamt knapp 70.000 €.
Tarkan: Am Tag der Hausdurchsuchung bei Christoph durchsucht die Polizei insgesamt 16 Objekte, Wohnungen, Garagen,
Lagerräume. Darunter auch die Wohnungen der anderen Mittäter, die an diesem Tag ebenfalls festgenommen werden.
Die Polizei ermittelt daraufhin weiter, sie durchsucht die Wohungen von Freunden und Familienangehörigen im Raum
Regensburg.
Christoph: Ich habe dann die Nacht in der Polizeiinspektion verbracht und am nächsten Tag wurde ich dem Haftrichter vorgeführt
und des ist ein ganz normales Prozedere, wenn Leute verhaftet werden und die Staatsanwaltschaft will, dass jemand in U-Haft geht. Ich wurde dann dem Haftrichter vorgeführt. Da war eine Vertretung von meinem Verteidiger dabei. Mit der habe ich mich kurz abgesprochen, was man machen kann und was nicht. Das ist im Endeffekt ein ganz normaler Raum im Amtsgericht, wo ein Staatsanwalt drin sitzt, der Verteidiger drin sitzt und der Richter drin sitzt. Jeder trägt seine Gründe vor, warum U-Haft oder warum nicht U-Haft und dann wird entschieden, ob ein Haftbefehl ausgesprochen wird oder nicht. Am Ende war es dann so,
dass der Richter entschieden hat: Ja, es wird ein Haftbefehl erstellt und dass ich erst mal in U-Haft muss.
Tarkan: Christoph wird direkt in die JVA Bayreuth gebracht. Er durchläuft die Aufnahmeprozedur. Er muss seine Kleidung
abgeben, es werden Fotos von ihm gemacht, Größe und Gewicht wird gemessen, es gibt eine ärztliche Kontrolluntersuchung. Ein paar Tage später darf der Anwalt zu ihm.
Christoph: Der hat mich dann besucht und muss ich das Mandat unterschreiben. Der hat mich so ein bisschen aufgeklärt, was
das nächste wie es jetzt weitergeht und so, da habe ich auch erfahren, dass ein Haftbefehl grundsätzlich erst mal immer für
sechs Monate gilt und dass man eigentlich immer eine Haftprüfung beantragen kann, aber das natürlich nur Sinn macht, wenn man auch Argumente hat. Und für mich war es dann relativ schnell klar, dass wenn es nichts Neues gibt, macht eine Haftprüfung für mich kein Sinn, weil warum sollte ein Richter anders entscheiden, wenn die gleichen Fakten da liegen?
Tarkan: Christoph und sein Anwalt entscheiden, dass er seine Zeit in U-Haft vorerst absitzt. Nach einem halben Jahr dann die zweite Haftprüfung. Doch Christoph sagt dem Richter , dass er weiterhin im Vollzug bleiben möchte. Nach insgesamt 9 Monaten in U-Haft bekommt er endlich seine Anklageschrift vorgelegt.
Christoph: Die habe ich am 14. Dezember bekommen. Da war dann so klar okay, was wird mir vorgeworfen, was ist in der
Verhandlung wirklich das, um was es geht? Und dann ging’s so ein bisschen los. Okay, dass wir uns vorbereiten, ich und
einen Verteidiger. Was sagen wir mal, welche Strategie machen wir?
Und der nächste Termin war dann letztendlich die Gerichtsverhandlung, also die Gerichtstermine, die habe ich dann im März bekommen, also genau ein Jahr, ziemlich genau ein Jahr nachdem ich verhaftet worden bin. Und im April ging es dann auch schon los mit den Verhandlungen. Der erste Verhandlungstag war am 05.04.2022.
Ich war unglaublich nervös, weil es einfach 13 Monate waren, wo ich drauf gewartet habe, genau auf diesen Zeitpunkt. Ich bin da von der JVA Bayreuth mit zwei Polizisten hingefahren worden, mit Fußfesseln und mit Privatklamotten aber und wir sind dann in das Gericht reingegangen, ich bin der letzte gewesen, der reingebracht worden ist. Meine Mittäter, die saßen alle schon drin und haben sozusagen auf mich gewartet.
Und ich habe da mein Anwalt gesehen, habe mich neben ihn gesetzt und dann habe ich kurz mit ihm geredet. Er hat mir so
ein bisschen die Nervosität genommen, weil er gesagt hat, Das wird nicht der letzte Tag sein, du wirst dich irgendwann
relativ wohlfühlen. Und dann ging es auch schon los. Der Richter hat die Verhandlung eröffnet und die Staatsanwaltschaft hat die Anklage verlesen. Da ging es dann letztendlich genau um das, was uns vier vorgeworfen wird und um was es in den nächsten
Verhandlungstagen auch gehen wird.
Tarkan: Insgesamt 12 Verhandlungstage dauert das Verfahren und streckt sich über einen Zeitraum von insgesamt 3 Monaten.
Alle Angeklagten bekennen sich schuldig. Dann werden Beweise vorgelegt, Polizisten sagen aus, es werden Dokumente verlesen, wie z.B. Chatverläufe der Krypto- Handys. Der Prozess verläuft in üblicher Gerichtsroutine, aber für Christoph ist es eine enorm belastende Zeit, vor allem wenn er auf seine Eltern trifft.
Georg: Grundsätzlich waren die ersten Besuche … waren halt emotional relativ anstrengend. Aber das ist, glaube ich auch
ganz normal. Also ich finde, das auch ned schlimm, ich mein des war halt dann, die ersten drei, vier Minuten war immer
sehr mit Stottern, Stimme und einfach von meiner Seite. Also was sehr emotional war, wie er halt dann irgendwann mal gesagt hat, war ich alleine oben, zu den Beamten, ob er rübergehen darf zu mir. Und das war eigentlich das erste Mal … hart … des war halt
überraschend …
Tarkan: Nach 3 langen Monaten steht dann endlich der Tag der Urteilsverkündung an. Christoph sitzt schon 16 Monate in
Untersuchungshaft, er wartet ungeduldig auf die Entscheidung.
Fabian: 15.07.2022: Landgericht Regensburg, Der Vorsitzende Richter Thomas Zenger verkündet das Urteil. Wir haben die Szene
rekonstruiert.
Urteilsverkündung:
„Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil: Der Angeklagte ist schuldig der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Der Angeklangte wird deshalb unter Einbeziehung der Verurteilung des
Amtsgericht Regensburg vom 15.02.2021, zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten verurteilt. Die im
Strafbefehl angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis mit Sperrfrist bis zum 14.12.2021 bleibt aufrechterhalten.
Der Angeklagte ist darüber hinaus schuldig zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in
Tateinheiten mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringen Mengen in 2 Fällen. Der Angeklagte wird deshalb zu
einer weiteren Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten verurteilt.
Die Gesamtfreiheitsstrafe beträgt somit 3 Jahre und 2 Monate Die Handlungen des Angeklagten haben nicht nur das Gesetz
verletzt, sondern auch die Sicherheit und das Wohlergehen der Gemeinschaft gefährdet. Trotz wiederholter Warnungen
und Interventionen seitens der Strafverfolgungsbehörden hat der Angeklagte seine kriminellen Aktivitäten fortgesetzt, was
zu einem beträchtlichen Schaden für die Gesellschaft geführt hat.
Die Kammer berücksichtigt bei der Urteilsfindung auch die persönlichen Umstände des Angeklagten sowie seine
Kooperationsbereitschaft während des Gerichtsverfahrens. Dennoch ist das Ausmaß der begangenen Straftaten derart
gravierend, dass eine Freiheitsstrafe unumgänglich ist. Die Zeit der Untersuchungshaft wird auf die Strafe
angerechnet. Zudem hat der Angeklagte die Verfahrenskosten zu tragen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Verhandlung ist hiermit beendet.“
Georg: Es war, mein Gott, grundsätzlich sehr schlimm, so mit mit Ketten an den Beinen und sonst was, da wo ich mir schon
gedacht hab, in erster Linie, mein Gott, des sind da halt lauter junge Burschen, die da drin sitzen, also auch da die ganzen
anderen, die da mit angeklagt waren. Da denke ich mir wow also vor denen hätte ich jetzt keine Angst nicht und auch nicht in einer Verhandlung.
Tarkan: Christoph erwartet dann noch eine unangenehme
Überraschung:
Christoph: Als dann aber das Urteil rechtskräftig geworden ist, ist mir ein oder zwei Tage danach gesagt worden okay, dass ich
verschubt werde. Das heißt ich werde verlegt in eine andere JVA. Das war für mich natürlich erst mal ein Schock, weil ich
war ja dort eingelebt in die JVA. Ich hatte Arbeit, ich hatte Leute und dann war das natürlich mal ziemlich beschissen, wo mir gesagt worden ist, okay, es geht in ne andere JVA und Schub ist Letztendlich war für mich in meiner Haftzeit eine der beschissensten Zeiten, weil man muss sein ganzes Zeug einpacken, muss man abgeben und dann reist man letztendlich mit Klamotten und einer Tüte in eine andere JVA. Und das ist nicht so, dass man einfach nur von der Polizei in die nächste JVA gebracht wird, sondern da gibt es einen ja Massentransport, der halt mehrere JVAs abfährt und das dauert auch nicht nur einen Tag, sondern ich war insgesamt eine Woche lang unterwegs. Es ist so, dass ich von Bayreuth zuerst nach Nürnberg gefahren worden bin. Dort war ich dann vier Tage und dann von Nürnberg nach Stadelheim noch mal drei Tage. Man hat in der Zeit letztendlich nur das, was man dabei hat. Man kommt in eine Zelle, seine eigene Zelle und man hat eine Stunde am Tag Hofgang, bekommt Essen, Nürnberg hat man keinen Fernseher, gar nichts. Das ist eine sehr langweilige Zeit gewesen und auch sehr lange Zeit. In Stadelheim hatten wir einen Fernseher. Dort war ich aber auch noch mit mehr Mann in der Zelle. Das war hat seine Vor- und Nachteile gehabt. Man hat zu bisschen Unterhaltung gehabt, aber es ist auch jetzt nicht unbedingt, wenn man die Leute nicht kennt, einfach mit zwei
anderen eingesperrt werden ist jetzt nicht unbedingt das, was sich jeder so erwünscht. Und dann nach sieben Tagen wurde ich dann von Stadelheim nach Niederschönefeld gebracht. In der Nähe von Augsburg. Das ist ein heranwachsender Vollzug, die für mich zuständig waren.
Tarkan: Und dort fängt für Christoph ein neuer Abschnitt an: Er beginnt in Niederschönefeld eine Ausbildung als Metallbauer. Er lebt sich schnell ein, hat durch seine Arbeit einen geregelten Tagesablauf. Er bekommt vom Gericht in Aussicht gestellt, dass er vorzeitig entlassen werden kann, wenn er seine Ausbildung noch während seiner Haftzeit abschließt.
Christoph: Und es war dann so, dass ich im Februar, hab ich dann meine Zwischenprüfung gemacht und im Juni drauf meine
Abschlussprüfung gleich. Das Schreiben, dass ich entlassen werde, habe ich am 16.06 bekommen.Die Woche drauf, also da war mir schon klar: okay, ich werde entlassen, da stand noch das Datum schon drin. 26.06, darf ich rausgehen und die Zeit dazwischen Diese Woche. Dazwischen hatte ich meine Abschlussprüfung fünf Tage lang. War vielleicht nicht unbedingt das Beste, weil ich
natürlich mein Kopf dann schon ein bisschen draußen war und ich dann meine Abschlussprüfung machen musste. Aber es ist am Ende dann doch ganz gut gelaufen, habe ganz gut abgeschnitten. Und dann bin ich … am Wochenende haben mich noch zwei
Freunde besucht. Denen habe ich dann gesagt, dass ich entlassen werd am Montag, weil es wusste nämlich bis zu dem Zeitpunkt keiner. Ich habe es auch keinem gesagt. Ich habe es nur einem Kumpel gesagt, der mich abholt und meine ganze Familie, Freunde, also Eltern, Geschwister, die wussten alle nicht, dass ich kommen. Die habe ich sozusagen dann überrascht und am 26.06 hat mich dann mein Kumpel abgeholt.
Tarkan: Christoph kommt erst einmal bei seinem Vater unter. Er trifft sich mit Freunden und genießt seine Freiheit. Aber er versucht auch bald, wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Dank seiner Ausbildung findet er schnell einen neuen Job und auch eine
eigene Wohnung.
Christoph: Dann hatte ich den ersten Termin, mit meinem Bewährungshelfer. Es ist ja auch so, man bekommt gewisse
Auflagen nach der Entlassung vom Gericht aus, was man erfüllen muss, dass bei mir zum Beispiel sind es Urin
Kontrollen, dass ich regelmäßig zum Bewährungshelfer gehen muss. Bei mir war zum Beispiel auch eine Auflage, dass ich meine
Ausbildung, die ich vor meiner Verhaftung nicht beenden konnte. Beenden muss. Das war für mich so ein Ding, was ich auf jeden Fall auch für mich selber machen wollte, dass ich einfach das abgeschlossen habe, weil ich habe da zweieinhalb Jahre drin rein investiert und das wollte ich unbedingt fertig machen. Und vor allem auch, weil mir meine Eltern sehr viel drum gekümmert haben, dass ich das weiter machen kann. Ich hab dann im August angefangen zu arbeiten bei der Firma, wo ich jetzt auch bin.
Tarkan: Er führt seine erste Ausbildung als Industriemechaniker fort und möchte außerdem seinen Führerschein zurück. Dazu muss er die so genannte MPU, die medizinisch-psychologische Untersuchung bestehen, die seine Drogenfreiheit bestätigen
soll.
Christoph: Die Ausbildung habe ich dann im Januar 24 abgeschlossen. Die MPU habe ich im März 24 bestanden und hab mein
Führerschein jetzt wieder. Jetzt bin ich gerade dabei, habe mich zum Meister angemeldete im Metallbau und den werde ich jetzt im
September anfangen und dann mal schauen, wie es noch weiter geht. Ob ich dann noch irgendwas anderes dranhängen, ob ich in der Firma bleibe oder nicht, das zeigt sich alles noch.
Georg: Also das ist das, was einfach … ich hoffe das weiß er, dass das auch mit seiner Person zu tun hat und nicht mit das
Außen rum was man vielleicht alles haben kann, sondern dass es nur mit ihm zu tun hat. Das Verhältnis zum Christoph ist tatsächlich so, dass er für meine Begriffe schon eine anderer Mensch ist. Also er ist viel aufgeschlossener. Er frägt oft nach, wie wir das machen würden oder einfach mal an Kontakt zu halten oder einfach er ist… ja, wie soll ich sagen, mein er ist immer
noch der Christoph wie vorher, aber auch jetzt nicht mehr so alleine so hab ich den Eindruck. Er lässt sich auch Ratschläge geben. Es war ja vorher überhaupt nicht möglich und ja, ich bin guter Dinge, obwohl das natürlich diese Geschichte schon prägt.
Also ich glaube das ganze, also wenn man es so sagen darf, wahrscheinlich, hat er das gebraucht und er hat es genutzt.
Christoph: Also wenn ich so auf das Ganze zurückblicke, auf die Zeit, wo wir unsere Geschäfte gemacht haben, ich würde die Zeit nicht missen wollen, aber ich bereue es natürlich irgendwie. Vor allem, weil ich halt dadurch extrem viel Zeit meiner Familie verloren habe durch meine Haftzeit. Und es ist so, ich habe sehr viel mitgenommen, ich habe sehr viel gelernt, was mir fürs Leben auch immer weiterhelfen wird. Das muss man erst mal zulassen können, dass man das macht und dass man sich danach dann auch entscheidet, einen anderen Weg gehen, das habe ich auf jeden Fall gemacht und werde ich auch machen. Man weiß natürlich, niemand sagt schon immer, man weiß nie, ob man wieder im Gefängnis landet, weil man, wenn man einmal drin war, ist man immer mit einem Fuß, immer noch drin, wo man wieder draußen ist. Aber ich denke mal, es muss jeder für sich selber die eigenen Entscheidungen treffen. Und für mich ist es auf jeden Fall klar, dass ich keine Zeit mit meiner Familie oder meinen Freunden verlieren will. Und deswegen ist es einfach so, dass es zwar eine schöne Zeit war und wie gesagt, ich werde es nicht missen wollen, aber noch mal werde ich es auf jeden Fall nicht machen.
Fabian: „Verbrecherleben: Drogen, Banden, Haft“ Ein Podcast von Fabian Paulitschek und Tarkan Hosdag