Die Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht und ein mögliches Gesellschaftsjahr ist zurück. Was bedeutet das für uns Studierende? Auf dem Campus gehen die Meinungen auseinander. Stimmen, Perspektiven und Hintergründe liefert unser Reporter Philipp in seinem Beitrag.
„Raus aus dem Hörsaal, rein in die Kaserne?“ – klingt erstmal nach einem schlechten Tausch. Aber genau das wird in der Politik wieder ernsthaft diskutiert: die Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland. Seit 2011 ist sie ausgesetzt – nicht abgeschafft. Und spätestens seit dem russischen Angriff auf die Ukraine ist die Debatte neu entfacht. Auf unserem Campus gehen die Meinungen zur Wehrpflicht auseinander.
Stimmen der Studierenden zur Wehrpflicht
Student 1:
„Ich verstehe, dass in der aktuellen Zeit der Ruf danach immer lauter wird durch die neue Sicherheitslage der Welt. Ich muss aber sagen, dass ich es irgendwie falsch finde, die jungen Leute jetzt wieder dazu zu verpflichten, nachdem jahrelang von der Politik vernachlässigt wurde, aufzubauen und ordentlich auszurüsten.“
Student 2:
„Ich habe mir selber noch keine genauen Gedanken darüber gemacht. Aber prinzipiell würde ich sie nicht ablehnen.“
Was spricht für eine Rückkehr zur Wehrpflicht? Befürworter sehen darin ein Mittel, die Bundeswehr personell zu stärken – und gleichzeitig den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Dieser Zusammenhalt sei wichtig, für die Widerstandsfähigkeit von innen heraus, sagt zum Beispiel die Unions-Politikern Serap Güler.
Auf dem Campus sind davon nicht alle überzeugt.
Student 3:
„Ich finde, man sollte das mehr aus freien Stücken machen. Ich würde nicht selber zur Waffe greifen, weil ich identifiziere mich nicht als deutscher Bürger, dass ich sage, ich müsste mein Land verteidigen. Der Nationalstolz ist bei mir nicht so groß. Ich bin weniger Deutscher, ich bin mehr Mensch.“
Auch die Fakten sprechen gegen eine Wehrplicht, meinen einige Kritiker. Sie sei veraltet, ineffektiv – oder schlicht unfair. Denn: Das Grundgesetz sieht nur Männer für eine Wehrpflicht vor. Und die Bundeswehr? Die bräuchte eigentlich auch mehr Ausbilder und mehr Ausrüstung.
Gesellschaftsjahr als Ersatzdienst: Die Pläne der Union
Doch selbst wenn die Wehrpflicht kommen sollte: Niemand kann zum Dienst an der Waffe gezwungen werden. „Wer aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, kann zu einem Ersatzdienst verpflichtet werden“, heißt es in Artikel 12 des Grundgesetzes.
Die Union plant daher ein verpflichtendes Dienstjahr für alle einzuführen – für Männer und Frauen. Wer nicht zur Bundeswehr möchte, muss sein sogenanntes „Gesellschaftsjahr“ bei sozialen, kulturellen oder ökologischen Einrichtungen ableisten – entsprechend dem früheren Zivildienst.
Politische Positionen: Pflicht vs. Freiwilligkeit
Christoph Schmid sitzt für die SPD im Bundestag und ist Mitglied des Verteidigungsausschusses. Von einer Pflicht hält der Politiker nichts. Er setzt auf Freiwilligkeit.
Christoph Schmid (SPD):
„Ich glaube aber, dass man einfach sowohl den freiwilligen Wehrdienst als auch einen Bundesfreiwilligendienst so attraktiv, sorry, so geil gestalten muss, dass junge Leute Bock drauf haben und dann werden die das auch tun und die Rahmenbedingungen müssen einfach passen. Also ich erlebe eine engagierte junge Generation und ich glaube tatsächlich, dass auch viele junge Menschen das machen würden.
Wir haben in den letzten Jahren die ganzen Freiwilligenprogramme gekürzt, immer, egal, welche Partei da am Ruder war. Und ich halte es für das falsche Signal, jetzt 400.000 junge Menschen in ein Pflichtjahr zu stecken.“
Studentische Meinungen zum sozialen Pflichtjahr
Und wie ist die Lage an der Hochschule? Was sagen Studentinnen und Studenten zum Vorschlag der Union?
Student 4:
„Ich finde an sich dieses soziale Pflichtjahr sinnvoll. Wenn es eine Verpflichtung in irgendeiner Art und Weise geben sollte, finde ich halt, dass es alle Menschen gleichberechtigt betreffen sollten. Dass halt alle den Wehrdienst leisten müssen oder halt dieses soziale Pflichtjahr machen müssen.“
Student 5:
„Ich glaube, das würde Deutschland auch guttun. Aber natürlich ist es immer ein Abwägen zwischen persönlicher Freiheit und dem Allgemeinwohl. Und das finde ich schwierig, da immer eine Linie zu ziehen. Aber wahrscheinlich würde es uns als Land schon etwas bringen.“
Philipp: Europa und Deutschland stehen angesichts der sich verändernden Sicherheitslage vor großen Herausforderungen. Ob eine Wehrpflicht und ein damit verbundener Ersatzdienst die Lösung ist, bleibt abzuwarten.