Beitrag: Start with a friend (SWAF) - Tandem-Partnerschaften

Die Zivilkultur einer Demokratie verlangt mehr als lediglich die Bereitschaft, sich an die Normen der Verfassung und des Rechts zu halten. Ganz essentiell sind auch Begegnung und der Austausch. Gerade zwischen verschiedenen Kulturen. Das führt zu gegenseitigem Verständnis und baut Vorurteile ab. Viele gute Ideen und Projekte hat hier die bundesweite Initiative “Start With A Friend” (SWAF). Sie vermitteln unter anderem Tandem Partnerschaften. Menschen, die sich schon gut in der Stadt auskennen, können hier Menschen, die – meist aus dem Ausland- neu dazugezogen sind, kennenlernen. Was dabei schönes entstehen kann, verrät uns Luca im folgenden Beitrag. Sie hat sich mit einem Tandem-Paar aus Nürnberg getroffen.

Luca: Wie lernt ihr Leute kennen? Beim Sport, in der Uni, beim Feiern? Wenn man erstmal erwachsen ist, ist das gar nicht so leicht. Janaina ist 2020 von Brasilien nach Deutschland gekommen wegen der Arbeit. Um sich in Nürnberg einzuleben, hat sie sich dann bei Start with a friend für ein Tandem beworben. Die Idee dahinter: SWAF verbindet Menschen, die nach Deutschland kommen und neu in einer Stadt sind, mit Menschen, die sich hier auskennen. In Janainas Fall, war das Maira:

O-Ton: Dann kam irgendwann die Email so Hey, wir hätten jemanden für dich, hast du noch Interesse? Ja, dann wurde mir das Profil von Janaina eben vorgestellt. Dann dachte ich mir: Ja, cool, von meiner Seite her passt. Dann wurden die Kontaktdaten ausgetauscht und da haben wir mal angefangen uns zu schreiben und wir haben uns dann in der “BarCelona” getroffen. Fürs erste Date sozusagen. Und das hat gepasst. Von Anfang an, ne?

Luca: Den beiden war 2020 direkt klar, dass sie gemeinsame Interessen haben. So haben sie bei ihrem ersten „Date“ gleich schon Pläne geschmiedet

O-Ton: Wir haben über Sport gesprochen, was wir an den Wochenenden machen können. Ich wollte Crossfit probieren, Maira auch. Und wir haben einen Termin für die erste Probe Crossfit gemacht.

Luca: Ein arrangiertes Kennenlernen also - Obwohl der Kontakt von SWAF quasi in die Wege geleitet wurde, hat sich der Austausch von Sekunde Eins an komplett natürlich angefühlt:

O-Ton: Nein, gar nicht, weil es bei uns einfach, wie sie schon gesagt hat, so ohne Stress und ohne dieses Gefühl von Verpflichtungen ist: Das heißt: wir hören ewig nicht voneinander und dann heißt es eben wieder: Wann treffen wir uns dann wieder?

Luca: Im Vordergrund steht bei den Tandems von SWAF also die Begegnung. Ganz locker und ohne Verpflichtungen. Umso schöner aber, wenn wie im Fall von Janaina und Maira auch beide Seiten voneinander lernen können. Janaina helfen die Treffen zum Beispiel beim Deutsch lernen. Die beiden haben sich dafür entschieden, bei den Treffen zu wechseln: Manchmal unterhalten sie sich auf Deutsch, dann wieder auf Englisch. Auch Maira weiß: Die Sprache nicht zu beherrschen, bringt viele weitere Hürden mit sich:

O-Ton: Ich denke, dass dann in so einer Situation so ein Tandem ganz gut ist, weil man dann einfach wirklich mit der Person permanent die Sprache auch sprechen kann. Ja und ich denke auch, dass die Person eben viel helfen kann zu sagen kann Hey, pass auf, wenn du jetzt irgendwas Bestimmtes benötigst wie ein Führungszeugnis oder weiß ich was, guck mal, da können wir einen Termin machen. So läuft das ab.

Luca: Maira hat Janaina auch geholfen, besser in der Stadt anzukommen. Für sie war es wichtig andere Kontakte, als ihre Arbeitskollegen im IT-Bereich zu haben.  

O-Ton: Ja, meine Erwartung war, jemand von außerhalb der Arbeit zu kennen. Die ganze Zeit bin ich mit Leuten von meiner Arbeit zusammen. Aber am Ende spricht man nur über die Arbeit. Und als IT kenne ich nur Männer und am Ende ist es immer Fußball, Cricket oder ein anderer Sport.

Luca: Doch auch Maira hat von der neuen Freundschaft sehr profitiert. Es ist als erwachsener Mensch nach Schule und Studium wesentlich schwerer, Freunde kennenzulernen. Und 2021 kam dann auch noch Corona dazu. Über den neuen Kontakt war sie sehr dankbar. Und auch Janainas lockere, lebensfrohe Art – die laut beiden etwas mit ihrer Herkunft aus Lateinamerika zu tun hat – tut Maira einfach gut.

O-Ton: Janina ist halt einfach die typische Brasilianerin und dann denke ich mir mal okay, du musst auch ein bisschen runterkommen, aber ich bin da sehr deutsch. Pünktlich. Alles hat seinen Weg und genauso müssen wir das machen. In Deutschland gibt es Regeln, an die muss man sich halten. Und Janaina ist in diesem Flow. Die is wie so ein Grashalm im Wind hin und her und sei entspannt. Und da versuche ich mich dann auch immer so ein bisschen an ihr so ein Beispiel zu nehmen: Sei mal bisschen gechillter Maira, das passt schon alles.

Luca: Während Maira lockerer wird, wird Janaina durch den Kontakt mehr Klarheit und mehr Struktur

O-Ton: Ich bin mehr pünktlich, mehr deutlich. Mehr Klar. Und ich habe das mit ihr gelernt. Ja, weil normalerweise ich habe das auf der Arbeit aber wenn wir Feierabend haben , die Struktur ist weg 

Luca: Doch SWAF verbindet nicht nur im kleinen Rahmen: Die Organisation bietet neben den Tandem-Partnerschaften auch Community-Events an. Die Mitglieder lernen sich hier kennen, tauschen sich aus über ihre Kulturen und diskutieren gleichzeitig über wichtige Themen. Durch diesen Kontakt bauen die Teilnehmer Vorurteile ab und entwickeln ein tieferes  Verständnis und Faszination für andere Kulturen. Auch Mairas Blickwinkel hat sich so erweitert:

O-Ton: Ja, wir sind halt grundsätzlich alle so ein bisschen immer versperrt, scheren die Leute über einen Kamm. Also ich kenne das selber auch von mir manchmal. Und wenn man aber dann die Person kennenlernt und sieht: hi, ich habe schon in meinem Land gelebt, habe das und jenes gemacht und bei uns war das so und so, man wird offener.

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