Stressige Schichten, Trinkgeld und Personalmangel – das sind nur einige der Herausforderungen in der Gastronomie. Maxi will wissen, ob der Kellner-Job wirklich so anstrengend ist und wie Gastronomen die aktuelle Lage einschätzen. Dafür packt er selbst mit an und jobbt einen Abend lang in einem Lokal in Ansbach. Hier könnt ihr hören, welche Hürden er meistern musste, wie er von den Gästen bewertet wurde und warum immer weniger Studenten diesen Job machen wollen.
Einstieg mit typischer Szene aus der Gastronomie
Maxi Live: Ich bin jetzt auf dem Weg, um zum ersten Mal in meinem ganzen Leben zu Kellnern und das mache ich heute – am Freitagabend – im Chillis in Ansbach.
Maxi: Obwohl mir die Eigentümerin des Chilis – Melanie Storz – eine Einweisung gegeben hat, lief es zu Beginn ziemlich holprig.
Atmo (Fail-Momente: komische Begrüßung, konnte mir die Tischordnung nicht merken, Servietten vergessen, etc.)
Maxi: Nach den Startschwierigkeiten wurde es dann aber Schritt für Schritt besser. Im Laufe des Abends erhielt ich sogar ein kleines Lob von Gästen.
Atmo (Gäste loben: „Ach für das erste Mal, machst du das echt richtig gut!“)
Maxi: Nach dem vierstündigen Probearbeiten gab es dann sowohl positive als auch negative Eindrücke.
Maxi Live: Insgesamt muss ich schon sagen, dass es mir viel Spaß gemacht hat, weil ich die Kommunikation mit den Gästen sehr cool fand. Der Ton in der Küche unter den Arbeitenden könnte etwas angenehmer sein. Aber ich glaub’, das liegt einfach daran, dass jeder ein bisschen gestresst ist und ich glaub’, dass außerhalb alle ganz in Ordnung sind.
Maxi: Das Chillis selbst ist vom Personalmangel laut eigenen Aussagen nicht betroffen. Was das Thema Studenten angeht, sind vier von 20 Mitarbeitenden Studenten. Melanie Storz erklärt sich den Rückgang an studentischen Mitarbeitern in der Gastronomie wie folgt:
Melanie Storz: Das Problem ist das Thema Zeit. In der Gastronomie ist es halt wichtig, am Wochenende zu arbeiten. Und das wollen halt viele nicht mehr machen. Unter der Woche ist die Uni, da können sie nicht. Und am Wochenende würden sie gerne eben feiern gehen. Und dann sagen halt einige: Mmh ok, wolln ma jetzt ned so.
Maxi: Ein weiterer Grund für den generellen Rückgang an Studenten als Kellner dürfte auch der Stundenlohn sein. So beträgt dieser laut “Fokus” im Idealfall nur bis zu 13 Euro die Stunde und erhöht sich nur bei gutem Betrieb durch das entsprechende Trinkgeld um etwa 6 bis 9 Euro pro Stunde.
Das Unternehmens Zenjob hat im Jahr 2022 die Nebenjobs von rund 450.000 Studenten analysiert. Dabei taucht das Kellnern nicht mal mehr in den Top 5 auf.
Als zweites, will ich nun einmal eine Gaststätte genauer in den Blick nehmen, die vom Personalmangel noch stärker betroffen ist und auch deswegen viel in den Medien stand. Das Schloss Dennenlohe unter der Besitzerin Baronin Sabine von Süßkind. Sie sah sich sogar dazu gezwungen, das Restaurant auf ihrem Schlossgelände zu schließen. Seit Corona hat nur noch das Café dort geöffnet.
Sabine von Süßkind: Wir haben eine Gaststätte, die wir jetzt noch als Eventlocation nutzen. Tatsächlich war’s aber seit 2004 eine Gaststätte, die jeden Tag offen hatte - mit 150 Sitzplätzen und 500 Biergartengarnituren. Aber dafür gab’s einfach kein Personal mehr. Nach Corona schon gar nicht und davor war’s auch schon schwierig.
Maxi: Ohne, dass ich nachfragen musste, nannte auch diese Gastronomin sofort das Thema Studenten als Hauptgrund.
Sabine von Süßkind: Das liegt daran, dass die junge Generation so eine Work-Life-Balance fahren will und das funktioniert halt in der Gastronomie sehr schlecht. Unsere Besucher kommen am Wochenende und da will keiner mehr arbeiten. Und es gibt auch einfach keine Kräfte mehr, die in der Gastronomie arbeiten wollen, weil es eine schwere Arbeit ist. Man muss Tragerl schleppen, man muss Geschirr schleppen, man arbeitet auch im Dreck, wenn der Geschirr-Rücklauf kommt und das ist eine Position, wo viele sagen: "Hier will ich mir nicht meine Hände schmutzig machen." Und viele sagen: "Nee, ich möchte lieber im Büro sitzen und den Laptop aufmachen, oder Home-Office machen.
Maxi: Wir Studenten wollen uns also nicht mehr die Hände schmutzig machen. Gut, dass es eine Kundin des Cafés etwas anders sieht.
Isabella Reihnhardt: Der Hauptgrund liegt darin, dass die Studenten in sehr kurzer Zeit ihren Bachelor machen müssen und die Fächer, die in der Uni zu belegen sind, das Hauptpensum zum Lernen, ist enorm geworden. Und die Studenten haben überhaupt keine Zeit sich anderweitig das Geld zu verdienen, weil das Studium ist sehr umfangreich. Und es ist nicht so, dass die Studenten nicht wollen. Sondern das Merkmal ist: Sie müssen das Studium innerhalb kürzester Zeit schaffen.
Unsere älteste Tochter hat Jura studiert und da war NIE ein Zeitfenster, wo sie gesagt hat: ‘Ja, ich werde in den Semesterferien arbeiten’, weil sie musste da immer ihre Hausarbeiten erledigen.
Maxi: Hierzulande gibt es aber auch generell immer weniger Interesse an einem Job in der Gastronomie - nicht nur bei Studenten. Auch deswegen ist der Anteil an Fachkräften aus dem europäischen Ausland in keiner anderen Branche größer. Laut einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung stammten im Januar 2022 fast ein Drittel der Arbeitskräfte aus dem Ausland. Eine davon ist Katharina Hògesan, sie kommt aus Serbien und hat unter anderem schon auf einem Kreuzfahrtschiff und in einem Hotel gearbeitet. Alle Orte hatten eins gemein: schlechte Arbeitsbedingungen.
Katharina Hògesan: Es wird viel erwartet von Arbeitnehmer und es gibt zu oft viele Überstunden, die nicht bezahlt werden. Ich finde, dass dieser Job unterschätzt ist und was mir schwergefallen ist, wenn z.B. Arbeitsbedingungen nicht gut sind. Dann macht das noch mehr Stress oder ist noch schwerer, mit solchen Arbeitsbedingungen zu arbeiten. Viele Kollegen und ich selbst fühlte mich ausgenutzt. Deswegen gehen Leute aus Gastronomie raus. Ja, das ist Hauptgrund: Ausnutzung.
Maxi: Ob sich an dieser Situation in Zukunft etwas ändern wird, bleibt ungewiss. Eine Umfrage der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten sieht vor allem zwei wichtige Punkte: Die Gastronomie muss ihre Arbeitsplätze für junge Menschen attraktiver machen. Das bedeutet: Eine bessere Bezahlung. Und: flexiblere Arbeitsmodelle. Dadurch könnte sie selbst dazu beitragen, dem Mangel an studentischen Kellnern und damit auch dem Personalmangel entgegenzuwirken.