Interview mit DJ Passant/ Dozentin Passant Refaat

DJ-Passant

Als erste weibliche DJ in Ägypten wurde sie bekannt und hat dann ihren Weg in die Medien gefunden. Heute lebt sie in Deutschland und ist Dozentin an unserer Hochschule.
Passant Refaat hat einen verrückten Karriereweg hinter sich. Im Live-Interview hat sie mit Finn und Maria darüber gesprochen.

Da Passant erst seit 2020 in Deutschland lebt und sich mit der englischen Sprache etwas sicherer fühlt, haben wir das Interview auf Englisch mit ihr geführt.

Finn:
Neben uns steht jetzt – Premiere – eine Dozentin unserer Hochschule: Passant Refaat. Und noch eine Premiere: Ihr hört gleich das erste Live-Interview auf Englisch im Rabbit Radio. Willkommen und danke, dass du heute hier bist, Passant.

Passant Refaat:
Leute, vielen Dank für die Einladung. Ich bin begeistert, hier zu sein. Danke, Maria. Danke, Finn.

Maria:
Ich bin etwas aufgeregt. Bitte verurteilt uns nicht für unsere Aussprache. Wir sind etwas eingerostet. Hallo, Passant! Es freut mich, dass du heute Abend bei uns bist.

Passant Refaat:
Danke.

Finn:
Lass uns einen Blick auf deine Karriere werfen. Unter anderem warst du die erste weibliche DJ in Ägypten – hast 2003 angefangen. Kannst du uns erzählen, wie du mit dem DJing angefangen hast?

Passant Refaat:
Das ist eine sehr lange Geschichte. Aber um es kurz zu machen, wie du sagst, das war im Jahr 2003. Und schon vor 2003, ich weiß nicht genau wie alt ich war - ich meine - ich habe zwei ältere Brüder und seitdem ich sehr jung war, haben sie mich auf Partys mitgenommen.

Und das war immer etwas, das immer extrem interessant für mich war. Ich war sehr jung. Ich durfte nicht auf diese Partys gehen. Aber sie haben mich trotzdem mitgenommen. Ich hatte immer eine sehr gute Beziehung zu ihnen.

Und ich war ich immer wirklich aufgeregt, wann immer ich DJs oder sogar eine weibliche DJ sah.

Aber dann, ein paar Jahre später ist mein Bruder fürs Studium ins Ausland gegangen. Er hat sich für DJing interessiert und hatte die Ausrüstung zu Hause. Und er hat mich gefragt: „Passant, hast du Lust, ein DJ zu sein? Vielleicht findest du das interessant.“ Und ich war so: „Ich bin mir nicht sicher.“ Aber dann habe ich es probiert.

Ich war damals an der Deutschen Universität in Kairo und wir hatten eine Studentenparty. Und ich bin zur Organisatorin gegangen und habe ihr gesagt: „Weißt du was? Ich bin ein DJ und ich würde wirklich gerne auf dieser Party auflegen.“ Natürlich wusste ich damals nicht, wie es läuft, wie man mischt oder so etwas. Aber es hat wirklich Spaß gemacht.

Und seitdem habe ich entschieden, dass ich das [DJing] wirklich liebe. Ich liebe es, vor Menschen zu stehen. Ich liebe es, Musik zu spielen. Und dass das etwas ist, was ich auf jeden Fall verfolge würde.

Also ja, das war der Anfang. Ich hatte gesagt ich mache es kurz, aber es war ein bisschen lang.

Finn:
Es ist auch einfach eine lange Geschichte.

Maria:
Deine Brüder haben dich sehr früh in deinem Leben mit dem DJing vertraut gemacht, hast du uns erzählt, und sie haben dich zu DJ-Partys mitgenommen, seit du zehn Jahre alt warst.

Passant Refaat:
Ja.

Maria:
Wenn du zurückblickst, hat das deine Karriere beeinflusst?

Passant Refaat:
Ja, definitiv hat es das. Ich erinnere mich, in diesem jungen Alter bin ich auf diese Party gegangen. Es war unglaublich. Ich werde das Gefühl, das ich hatte, als ich auf dieser Party war, nie vergessen. Da war diese weibliche DJ. Ich bin nicht sicher, ob ihr sie kennt. Ihr Name ist Sunique. Sie legt heute nicht mehr auf, aber damals war sie einer der Top-DJs. Und ich erinnere mich, sie auf der Bühne zu sehen. Die Musik, die sie spielte, die Mixes, ihre Performance, ihre Energie, es war faszinierend zu sehen. Und ich stand einfach da und beobachtete sie - und ich habe an nichts anderes gedacht, als sie auf der Bühne bei ihrer Vorstellung zu beobachten.

Und das hat mich definitiv inspiriert, weil ich auch jemand bin, der viel Energie hat. Ich liebe es, mit Menschen zusammen zu sein, und ich dachte: „Ja, das ist das Richtige. DJ sein.“

Finn:
Du hast uns erzählt, dass du dich gerne an die Momente erinnerst, wenn du gemerkt hast, wie sehr die Leute von deiner Musik begeistert waren. Was war dir beim Auflegen wichtig?

Passant Refaat:
Nun, das Erste, was mir wichtig war, war, dass ich Spaß hatte, wenn ich hinter den Decks stand. Das war definitiv etwas, bei dem ich mich großartig gefühlt habe, und ich war immer wirklich aufgeregt, wann immer ich aufgelegt habe.

Also das war das Erste, was ich im Kopf hatte. Und ich dachte, okay, jetzt, da ich diese Leidenschaft habe, da ich so viel Spaß habe, wird sich das definitiv auf jeden übertragen, der im Club oder auf der Party ist. Und das war tatsächlich der Fall.

Wie du am Anfang gesagt hast - ich war die erste weibliche DJ in Ägypten, und eine Zeit lang war ich auch die Jüngste. Also war es definitiv etwas, worüber sich viele Leute gefreut haben. Und ich bekam viele Reaktionen wie: „Wow, du bist ein DJ. Wie toll!“ und ich denke, es waren immer sehr positive Reaktionen.

Und das ist etwas, das ich wirklich, ich würde sagen, genossen habe. Aber natürlich war Musik zu spielen und zu sehen, dass die Leute sie genießen, definitiv etwas, das einen großen Unterschied gemacht hat.

Maria:
Welche Künstler haben dich in deiner Karriere und deiner Musik beeinflusst?

Passant Refaat:
Ich würde sagen, einer meiner Lieblings-DJs ist David Guetta. Ich bin sicher, jeder kennt ihn. Und ich hatte sogar die Gelegenheit, ihn persönlich zu treffen. Es war schön, ihn ein wenig kennenzulernen. Und ich erinnere mich, ich bin auf einige seiner Partys gegangen. Ich konnte nicht glauben, wie gut er auf der Bühne ist. Also - Die Mixes, die Remixes, seine Performance, seine Energie. Es war immer unglaublich.

Ich mag auch wirklich Axwell. Er war Teil der Swedish House Mafia. Er war auch einer meiner Lieblings-DJs. Also ja, die Leute, die mich inspiriert haben, sind definitiv Sunique, die weibliche DJ, von der ich euch vorher erzählt habe, und David Guetta.

Finn:
Passant, wir haben schon ein wenig über deine Karriere gesprochen. Um 2009 herum hast du angefangen, für einen Radiosender als DJ zu arbeiten, und du hast auch Jingles produziert. Würdest du sagen, dass das der Beginn deiner journalistischen Karriere war?

Passant Refaat:
Nein, ich würde nein sagen. Aber irgendwie war da dieser Teil von mir, der immer Interesse an Medien hatte. Und alles, was ich getan habe, würde ich sagen, fällt unter einen großen Oberbegriff - DJing oder bei einem Radiosender oder später fürs Fernsehen zu arbeiten - für mich fällt das alles unter einen Oberbegriff. Aber Journalist sein, darüber habe ich in als ich beim Radio anfing, nicht nachgedacht.

Maria:
Du hast deine DJ-Karriere 2014 aufgegeben und hast dich nur dem Moderieren von Nachrichten und dem Journalismus gewidmet. Vermisst du manchmal das Musikmachen?

Passant Refaat:
Genau das habe ich getan.  Aber ich meine, der Grund dafür ist, dass man nicht beides machen kann. Wenn du als DJ arbeitest, wird von dir ein bestimmter Lebensstil erwartet. Man erwartet von dir, dass du auf Partys auflegst, die spät in der Nacht stattfinden, und so weiter.

Und wenn du als Journalist arbeitest, musst du den ganzen Tag, die ganze Nacht, jeden Tag, 24 Stunden am Tag verfügbar sein. Also passt das nicht wirklich zusammen.

Und ich habe gedacht, ich hatte wirklich schon so viel in meiner DJ-Karriere erreicht. Ich habe dieses Sprichwort: “Hör auf, wenn du in Bestform bist“. Und das ist genau, was ich getan habe. Ich war bereit, etwas Neues zu entdecken, das ich auch wirklich, wirklich liebe und das ich leidenschaftlich gerne mache: Vor der Kamera stehen. Entweder als Reporterin oder als Fernsehmoderatorin und auch als Videojournalistin.

Das ist etwas, dass ich wirklich gerne gemacht habe, also bereue ich es nicht, dass ich mit dem DJing aufgehört habe. Aber ich vermisse es definitiv, ein DJ zu sein.

Würde ich wieder anfangen, ein DJ zu sein? Vielleicht als Hobby oder etwas in der Art.

 Also ich bereue diese Entscheidung auf jeden Fall nicht.

Maria:
Ich denke, beides kostet viel Zeit: DJ zu sein, und Journalismus.

Passant Refaat:
Definitiv. Als ich aufgelegt habe, habe ich das als Nebenjob gemacht. Ich habe es gemacht, während ich an der Universität studiert habe, und dann später, während ich gearbeitet habe. Und die Sache ist, dass selbst wenn das eine Nebensache war, habe ich ihr trotzdem so viel Zeit und Energie gewidmet. Und ich denke, um Erfolg zu haben, ist das genau das, was du tun musst.

Aber ich denke, jetzt kann ich dem DJing nicht mehr so viel Zeit und Energie widmen.

Finn:
Kannst du uns ein mehr darüber erzählen, wie du mit dem Videojournalismus und der Nachrichtenmoderation angefangen hast?

Passant Refaat:
Nachdem ich mit meinem Studium fertig war, habe ich in Katar, in Doha, gearbeitet. Und alles, was ich dort getan habe, stand auch irgendwie in Zusammenhang mit Journalismus.

Also etwas für die Leute, die es nicht wissen: Ich habe also meinen Bachelor in englischer Literatur und Übersetzung gemacht, und dann habe ich als arabische Linguistin für die US-Botschaft in Katar, in Doha, gearbeitet.

Und alles, was wir tatsächlich gemacht haben, stand in Beziehung zu sozialen Medien. Das war 2009. Wir haben Presseverzeichnisse zusammengestellt und die Nachrichtenwebsites und sozialen Medien von bestimmten Accounts im Auge behalten.

Jedenfalls, während ich in Katar war - und Katar ist auch Sitz des Senders Al Jazeera. Und während ich dort war - und das war auch reiner Zufall, ich hatte das nicht geplant - wie alles andere in meinem Leben – hatte ich die Gelegenheit, an diesem Kurs teilzunehmen. Das war ein Fernsehmoderationskurs. Und als ich ins Studio gekommen bin und die Kameras und die Lichter und diese ganze Umgebung gesehen habe, dachte ich: Das möchte ich machen. Das werde ich als Nächstes machen.

Nach vier Jahren Arbeit als arabische Linguistin habe ich mich also entschieden, nach Ägypten zurückzukehren und mein Masterstudium in Fernseh- und Digitaljournalismus zu machen, weil ich wirklich keinen Hintergrund im Journalismus hatte.

Und ich wollte mehr wissen, dieses Feld besser verstehen. Und dann habe ich gleich nach dem Master angefangen, im Journalismus zu arbeiten.

Maria:
Denkst du, dass deine Vergangenheit als DJ deinen Weg im Journalismus beeinflusst hat?

Passant Refaat:
Ich würde sagen, auf gewisse Weise, ja. Denn wenn du ein DJ bist, beschäftigst du dich mit dem Publikum. Du versuchst, dein Publikum zu verstehen. Du willst sicherstellen, dass sie mögen werden, was du präsentierst.

Und ich würde sagen, das ist auch die gleiche Idee beim Journalismus, denn auch hier hast du ein Publikum. Du erstellst Inhalte, und du willst sicherstellen, dass die Inhalte, die du erstellst, eine Leserschaft haben.

Ein anderer Aspekt ist, dass ich sagen würde, das DJing hat mir mit dieser Angst vor der Bühne geholfen. Weil ich schon in jungen Jahren auf der Bühne gestanden habe, kann ich die [Angst] überwinden, wenn ich im Studio präsentiere oder live im Fernsehen berichte. Also ich würde sagen, es hat mir definitiv geholfen. Aber trotzdem, ich meine, du bist immer noch nervös, egal wie oft du es machst. Es ist beunruhigend, die ersten paar Sekunden.

Finn:
Ich denke, das können wir hier im Studio alle nachvollziehen.

Passant Refaat:
Ja, definitiv. Definitiv. Es ist immer so. Egal, wie oft du live bist, es gibt immer noch diese paar Sekunden am Anfang, wo du fühlst: „okay, mein Herz schlägt so schnell. Oh mein Gott. Was soll ich machen.“ Aber ja, das ist normal.

Finn:
Wir haben viel über deine Karriere als DJ und als Videojournalist in Katar und Ägypten gesprochen. Aber jetzt frage ich mich: Du bist jetzt Dozentin an einer Universität in Deutschland. Wie bist du hier gelandet?

Maria:
Also du hast uns auch erzählt, dass du Deutsch als Sprache gehasst hast, als du es neu gelernt hast.

Passant Refaat:
Wie ich schon vorhin schon gesagt habe - ich war an der Deutschen Universität in Kairo, aber nicht sehr lange. Nur zwei Jahre, weil ich vorhatte, dort Medieningenieurwesen zu studieren. Und dort hatte ich, eine schlechte Erfahrung mit den Professoren. Ich möchte nichts Schlechtes über jemanden sagen, aber sie waren ein wenig zu streng.

Und ich hatte außerdem mein Abitur in Ungarn gemacht und dort Ungarisch als Fremdsprache gelernt. Als ich dann aus Ungarn zurückgekommen bin und angefangen habe, Deutsch zu lernen, war das wirklich schwierig. Wenn ich etwas auf Deutsch sagen wollte, ende es oft damit, dass ich es auf Ungarisch gesagt habe.

Es war wirklich kompliziert. Und dann habe ich mir ich mir in diesem Moment gesagt, okay, ich will nie wieder Deutsch lernen. Ich will nie wieder Deutschland besuchen, nie im Leben. Und dann sind wir hier, zehn Jahre später, und ich lebe in Deutschland. Ironisch, nicht?

Finn:
Absolut.

Passant Refaat:
Also - warum bin ich nach Deutschland gekommen? Ich würde nicht sagen, dass es ist eine komplizierte Frage ist, aber es ist etwas, worüber ich lieber nicht sprechen würde. Es hat mit der Familie zu tun. Das ist der Grund, warum ich in Deutschland bin. Und für alle, die nicht wissen, warum wir dieses Interview auf Englisch führen: Weil ich noch nicht lange in Deutschland bin.

Ich kam genau während Corona und saß lange Zeit zu Hause, ohne mein Deutsch zu üben. Aber es wird kommen. Irgendwann wird es kommen.

Maria:
Ja. Aber jetzt magst du Deutschland, oder?

Passant Refaat:
Ich habe hier die Zeit meines Lebens. Ich liebe die Hochschule Ansbach.

All die Gedanken, die ich hatte, als ich an der Deutschen Universität in Kairo war, sind jetzt umgekehrt um 180 Grad. Ich habe nur sehr nette und freundliche Leute in Deutschland getroffen, überall, wohin ich gehe. Und ich meine, hier in der Hochschule, sind alle sehr nett.

Ich weiß nicht, ob er uns zuhört, aber ich möchte meinen Betreuer, Professor Paul grüßen, weil er mich seit meiner ersten Zeit hier an der Hochschule Ansbach unterstützt hat. Und natürlich auch Ismeni, Thomas Liesen, Gerald - und diese Liste könnte weitergehen.

So viele Leute, die mich wirklich unterstützt und mir geholfen haben. Und ich bin wirklich dankbar, hier zu sein und ich muss sagen, ich habe die Zeit meines Lebens.

Maria:
Das ist schön. Ja. Vielen Dank für das Interview.

Passant Refaat:
Ist es vorbei? Weißt du, ich möchte länger bleiben.

Finn:
Ich fürchte, das ist leider nicht möglich.

Maria:
Danke, dass du deine unglaubliche Geschichte mit uns geteilt hast.

Passant Refaat:
Danke. Danke. Ich bin wirklich glücklich, dass ich heute hier war. Und danke euch beiden. Ihr macht einen tollen Job.

Finn:
Danke für das Interview.

Das Interview wurde von der Redaktion aus dem Englischen übersetzt und für die Textfassung leicht gekürzt. […] sind Anmerkungen der Redaktion.

Als erste weibliche DJ in Ägypten wurde sie bekannt und hat dann ihren Weg in die Medien gefunden. Heute lebt sie in Deutschland und ist Dozentin an unserer Hochschule.
Passant Refaat hat einen verrückten Karriereweg hinter sich. Im Live-Interview hat sie mit Finn und Maria darüber gesprochen.

Da Passant erst seit 2020 in Deutschland lebt und sich mit der englischen Sprache etwas sicherer fühlt, haben wir das Interview auf Englisch mit ihr geführt.

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