Rehkitzrettung - Reportage

Maximilian-Steiger

Damit Rehkitze beim Mähen von Wiesen nicht zu Schaden kommen, gibt es allerorts sogenannte Rehkitzhelfer: Schon in aller Frühe gehen die Ehrenamtlichen auf die Suche - unter anderem mit Drohnen, Funkgeräte und Wärmebildkamera. Unser Reporter Maximilian Steiger war hautnah dabei und hat eine solche Rehkitzrettung mit begleitet.

ST: 4 Uhr morgens an einem Feld in Oberschleißheim – im Landkreis München.
Im Hintergrund rauscht ein Bach, die Natur erwacht. Der Himmel ist orange gefärbt und noch bevor die Sonne am Horizont aufgeht, rücken hier gleich zehn tatkräftige Helfer an. Ihr Ziel: Das Feld nach Rehen absuchen. Und vor allem: junge Rehkitze retten. Denn um 10 Uhr fährt hier ein Traktor mit Mähwerk auf. Die jungen Rehkitze sind noch zu schwach, um allein vor dem Mähwerk zu fliehen. Zunächst kommt aber eine Drohne zum Einsatz. Sie ist mit einer Wärmebildkamera ausgestattet.

Freistehende Atmo (Drohne)

ST: Beate Sbardellati ist eine der heutigen Drohnenpiloten. In ihrer Hand hält sie einen Monitor, darauf kann sie den Temperaturunterschied innerhalb der Wiese erkennen. Jedes Reh ist aufgrund der frühen Uhrzeit noch gut  als Wärmequelle erkennbar, weil die Wiese ansonsten noch sehr kalt ist.

(Vögel und Drohnen im Hintergrund - Atmo)

Beate Sbardellati: Der blaue Punkt würde uns zeigen, wo ist der kälteste Punkt in der Wiese und der rote Punkt zeigt den wärmsten Punkt – also ne Wärmequelle – an. Und die Drohne hat jetzt eben einprogrammiert, die Flugbahn, und schlängelt sich jetzt eben der Wiese entlang. Und sobald wir die richtige Signatur von nem Reh oder von nem Kitz – so wie hier jetzt zum Beispiel…

ST: Sollte ein Wärmeunterschied zu erkennen sein, stellt Beate die Drohnenaufnahme von Wärmebildkamera auf Realbildkamera um. So kann sie bereits auf ihrem Display erkennen, ob es sich um ein kleines oder ausgewachsenes Reh handelt. Wenn es potenziell ein junges Rehkitz sein könnte, schickt Beate das Helfer-Team in das Feld.

Atmo - Schritte durch das Feld (fortlaufend)

ST: Die Rehkitzretter marschieren jetzt durch die Wiese. Das Feld ist noch ganz nass vom Tau und geht in etwa bis zum Bauchnabel. Alle Helfer tragen eine grüne Regenhose, dicke Gummistiefel und eine wasserdichte, orangefarbene Jacke. Es herrschen gerade mal fünf Grad Celsius.

Valentin Geiger: Ihr steht mit der Drohne genau über dem Kitz?

Michael Lasch (per Funk): Nicht ganz, aber es ist gesichert: ein Kitz.

V. Geiger: Alles klar, mach ich mich schonmal auf den Weg.

ST: Leise pirscht sich Valentin Geiger an. Mit einem Kescher in der rechten Hand sucht er ganz vorsichtig nach dem jungen Rehkitz.

V.Geiger: Ich brauch da jetzt die Ruhe, dass ich n bisschen nen Überraschungseffekt hab.

ST: Per Funk wird Valentin jetzt zu dem Aufenthaltsort des Rehs navigiert.

M. Lasch (per Funk): Weiter, weiter, weiter, weiter und runter! Runter!

V. Geiger: Hab’s!

M. Lasch (per Funk): Jawoll!

Freistehende Atmo (Fiependes Rehkitz)

ST: Das Rehkitz ist jetzt gerettet und wird von den Helfern mit Handschuhen ganz vorsichtig in einen Wäschekorb gelegt. Die Helfer fassen das Rehlein ganz bewusst nur mit Handschuhen an, da Menschengeruch dazu führen kann, dass das Rehkitz von der Mutter verstoßen wird.

Atmo (im Hintergrund immer wieder ein fiependes Rehkitz)

ST: Das Rehkitz in den Wäschekorb zu legen, ist nicht so einfach. Denn es wehrt sich. Um das junge Rehlein etwas zu beruhigen, füllen die Helfer den Korb mit Gras.

Freistehende Atmo (Graspflücken)

ST: Anschließend wird der zweite Wäschekorb draufgepackt. Mit zwei starken Schnüren werden die Wäschekörbe wie Topf und Deckel zusammengebunden. So kann das Kitz nicht mehr aus dem Korb entfliehen.

Freistehende Atmo (Einpacken des Rehkitzes, das immer noch fiept )

ST: Das Rehkitz ist noch ein ganz Junges und hätte definitiv nicht aus eigener Kraft vor dem Mähwerk fliehen können. Das Alter erkennt Valentin an dem Fellmuster.

V.Geiger: Das hat jetzt zwei bis drei Wochen maximal – also eher zwei. Weil die Punkte sind noch klar zu erkennen – die Kitzflecken. Und von dem her: Die verlieren sie so mit vier Wochen fangen sie an, dass sie die dann verlieren und die verblassen.

ST: Auch wenn sich das Rehkitz nicht gerne in den Korb sperren lässt: Es ist für das Rehlein die Rettung vor dem Tod. Nun wird es ins Gebüsch gestellt. Die Helfer pflücken noch einmal Gras und legen dies ringsherum auf die Wäschekörbe. Dadurch sollen sich die Rehlein so wohl wie möglich fühlen und vor allem vor der Sonne geschützt werden.

V. Geiger: Und wenn hier die Fläche gemäht wurde, dann werden die einfach wieder freigelassen. Und der Ruf ist jetzt quasi – ja – ein Ruf nach der Mutter und die Muttertiere finden die dann, holen die ab und legen die dann wieder an eine neue sichere Stelle.

ST: Mittlerweile ist es kurz nach 10 Uhr und das Mähwerk fährt über die Wiese. Allen Helfern ist die Erleichterung anzumerken: Die Gewissheit, dass kein Rehkitz dabei ums Leben kommt.

Leise werdende Freistehende Atmo (Mähwerk)

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