Rock am Ring und die Debatte über Diversität

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Zeitgleich mit seinem Zwillingsfestival Rock im Park startet Rock am Ring 2024 wieder voll durch. An einem langen Wochenende Anfang Juni gibt es am Nürburgring Musik von 72 Bands auf die Ohren. Doch ein Blick auf das Line-up zeigt, dass die Diversität nicht so richtig mitrockt. Reporterin Lena Amon hat sich für Rabbit Radio umgehört.

Lena: Die Sonne scheint auf das Meer der schwarzgekleideten Rock-Fans am Nürburgring. Ausgelassene Stimmung und ein verlängertes Wochenende mit Live-Musik fast rund um die Uhr - so haben sich die Besucher:innen und Veranstalter das diesjährige Rock am Ring gewünscht. Gerade spielt Green Day, später dann die Ärzte, Billy Talent und viele weitere Rockstars.

Aber Moment mal, das sind ja nur Männer!
Im Line-up stehen 72 Bands, nur ca. 14 Gruppen hatten mindestens eine Frau oder mehr in ihrer Besetzung. Das Festival wird seit Jahren kritisiert, weil fast ausschließlich alte, weiße Männer auftreten. Was sagen die Gäste dazu?
Julian Faber trägt ein schwarzes T-Shirt von dem Rapper Kummer und wollte sich gerade eine neue Dose Bier öffnen.

Julian Faber: Also großartig stören tut es mich jetzt nicht, Hauptsache die Bands sind cool, ob jetzt Frauen oder Männer da oben stehen, das ist mir eigentlich ziemlich egal, wer da oben steht. Ja, also ich glaube nicht, dass Rock am Ring das unbedingt absichtlich macht. Die großen Namen, etablierten Namen sind halt historisch gesehen immer männlich, aber es kommen ja auch immer mehr junge weibliche Bands dazu. Baby Metal zum Beispiel und Hanabi. Von daher denke ich, das ändert sich auch jetzt mit der Zeit. 

Lena: Einige der wenigen weiblichen Bands, wie zum Beispiel Scene Queen, The Last Internationale oder Against the Current bekamen einen der begehrten Slots auf dem Mega-Festival.

Allerdings nicht auf der Hauptbühne. Für sie war nur Platz auf den Neben-Stages. Die eben erwähnte Band Baby Metal spielte zwar kurz auf der Mainstage, aber leider nur einen Song zusammen mit einer der männlichen Bands. In den letzten zehn Jahren war es ähnlich. Im Durchschnitt waren nur vier Prozent des Line-ups weiblich.

Matthias Schwarz, einer der Veranstalter, hat schon 2021 mit einer Instagram-Story auf die kritischen Reaktionen Stellung genommen. Dabei betonte er, dass das Festival keine Künstler:innen wegen ihres Geschlechts oder ihrer Herkunft ablehne. Rock sei immer noch ein sehr männlich dominiertes Genre. Eine Frauenquote einzuführen, sieht Schwarz aber nicht als Lösung, da es einfach zu wenig Rockmusikerinnen gebe.

Festivalbesucherin Luisa Lutz glaubt, dass es sich in Zukunft ändern wird.

Luisa Lutz: Es ist ein sehr männliches Lineup hier, das sind eigentlich vor allen Dingen von den Headlinern keine Frauen dabei. Ich finde es super schade, weil es gäbe ja auch größere Künstler:innen und vor allem Künstler:innen, in dem Fall, die auch das Zeug dazu hätten, auf einer größeren Bühne zu spielen. Wenn man einfach mal einen Anfang macht, es passiert ja jetzt langsam schon mit kleineren Bands und die werden ja teilweise auch größer oder auch in anderen Genres ist so, zum Beispiel im Rap gibt es ja auch mittlerweile recht bekannte Frauen, also ich glaube das könnte sich schon was ändern.

Lena: Wenn große Festivals als Vorbild fungieren und mehr weibliche Bands buchen, haben diese bessere Chancen bekannt zu werden und irgendwann als Headliner spielen zu können.

Das Argument des Veranstalters, “es gibt weniger Frauen in der Rockmusik”, hängt auch damit zusammen, dass es keine weiblichen Vorbilder für junge Musikerinnen gibt.  Mit mehr Sichtbarkeit auf großen Festivals aber könnte der Stein ins Rollen kommen. Like a Rolling Stone!

Nach vier Tagen Festival hat Besucher Samuel Bader dunkle Ringe unter den Augen, auch seine Stimme gibt so langsam nach. Seine Meinung – bezeichnend für das Rock-Genre.

Samuel Bader: Mehr schöne Frauen wären auch schön gewesen, das stimmt, aber an sich hat es nicht gestört, finde ich . Ich glaube, es fahren einfach weniger Frauen auf Rock ab.

Lena: Hier geht es aber nicht um das Aussehen der Frauen, sondern um ihr Talent und die Präsenz auf großen Bühnen. Und ob wirklich weniger Frauen auf Rock abfahren? Bei Rock am Ring zumindest sind 50 Prozent der Besucher*innen weiblich. Eine Umfrage des Deutschen Musikinformationszentrum ergibt außerdem: Rock- und Popmusik hören Männer und Frauen annähernd gleich gerne. Nur Hardrock und Heavy Metal ist bei Männern beliebter, es ergibt sich eine Differenz von etwa 16 Prozent. Das könnte die Folge von männlich dominierten Line-ups und fehlenden Vorbildern in der härteren Rockmusik sein.

An der Veränderung arbeite man schon, aber es sei nun mal eine Industrie, in der sich alles nur langsam verändert, sagt Schwarz. Aber ehrlich gesagt: Seit 2021 hat sich nicht viel getan. Nächstes Jahr wird das Festival 40 Jahre alt, höchste Zeit für einen Wandel mit  mehr Diversität.

Die italienische Band Måneskin rockt schon mal mit einem Vorbild voran. Bassistin Victoria De Angelis hat mit ihrem Solo auf der Hauptbühne zumindest schon mal den Ton angegeben.

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