Easterhegg

Quelle_Laura Widmann

Rätsel, Hacker und ein leuchtender Cyberpunk-Hase: Ein Blick hinter die Kulissen des Easterheggs des Chaos Computer Clubs. Was verbirgt sich hinter dem “Rabbit Chaos Adventure” und den geheimnisvollen Challenges? Wir schauen in die Welt der Hacker:innen und ihre kreative Schnitzeljagd auf dem Campus der Technischen Hochschule Regensburg.

Atmo: Stimmengewirr

Laura Widmann: Die Räume sind abgedunkelt, überall leuchten und blinken bunte LEDs. Wo normalerweise Student:innen durch die Gänge zur Vorlesung laufen, stehen nun links und rechts etliche Tischgruppen. Daran: Hacker:innen an ihren Laptops, Lötkolben und diversen elektronischen Bauteilen.

Ich bin an der Technischen Hochschule Regensburg - genauer gesagt auf dem Easterhegg des Chaos Computer Clubs -
 kurz Chaos. Jedes Jahr zu Ostern veranstaltet die Hackervereinigung ein Event, mit Workshops und Vorträgen,
auf dem sich Menschen treffen und austauschen können.
Das Motto in diesem Jahr ist: „Rabbit“ Prototyping. Ich frage mich: Was ist das eigentlich? Und für wen ist dieses Event gedacht?

Ich bin Laura, seit ein paar Monaten beim Chaos dabei, heute auf meinem ersten Easterhegg – und noch eine Premiere: auch zum ersten Mal als Journalistin auf so einem Event.
Ein Highlight des Events ist das RCA, ausgesprochen Rabbit Chaos Adventure. Dafür bekomme ich eine kleine Platine mit einem Hasen darauf von Tobias Dorn. Von seinem Tisch aus überblickt er ein Meer aus Lötstationen. Denn: Er ist der kreative Kopf hinter dem RCA.

Tobias Dorn: Du hast das Easterhegg RCA Badge in der Hand. Das ist ein Bausatz. Du kannst ihn zusammenlöten. Du wirst viele Rätsel hier auf dem Easterhegg finden.. Und dann kannst du weitere Teile gewinnen, die du drauflöten kannst.

Laura Widmann: Bei den Rätseln, über die Tobi spricht, kommt eine Visitenkarte ins Spiel die ich am ersten Tag bekommen habe. Darauf ist ein Link auf eine Webseite mit verschiedenen Aufgaben.Wenn ich in einer dieser Challenges das richtige Lösungswort eingebe, wird die nächste Aufgabe freigeschaltet - und ich bekomme mehr Teile für meine Platine - ein bisschen wie beim Leveln eines Computerspiels. Nur dass ich die Rätsel hier zum Teil in der echten Welt lösen muss.

Finn Sanders (Challenge-Vorlesen): Ein lauer Frühlingsabend. h0pz möchte Kiki treffen. Sie wollen zusammen auf das Dach des alten Hightower unten an der Water Lane klettern. [...] Der Zugang zum Dach ist gut gesichert, aber die Aussicht muss sehr gut sein. Es wird sich lohnen. Sie treffen sich immer an den blauen Säulen, um von dort loszuziehen.
Welchen Winkel haben die blauen Säulen vor einem der Gebäude?

Laura Widmann: So lautet eines der Rätsel. Die blauen Säulen sind schnell gefunden - aber dann wird es für einige der Teilnehmer:innen schon schwierig, verrät mir Tobi.

Tobias Dorn: Und als könnte man meinen, das ist ganz einfach, weil es hängt ein Schild daneben, das sagt, was das für Balken sind. Und dann kann man darauf kommen, welchem Grad diese stehen. Tatsächlich ist es aber so, dass Leute teilweise mit einem Zollstock kommen und sagen: Ich messe jetzt mit einem Satz des Pythagoras aus, was eigentlich dieser Winkel ist. Und dann messen sie an der Säule und versuchen, sich das irgendwie auszurechnen. Was natürlich eigentlich nicht der Weg ist, wie man hinkommt, aber total spannend, kreativ in der Lösungsfindung ist weil man selber teilweise gar nicht so um die Ecke gedacht hätte wie die anderen.

Laura Widmann: Aber warum habt ihr diese Art von Schnitzeljagd gemacht?

Tobias Dorn: Wir haben irgendwann mal angefangen auf so einem Chaos Event mehr zu machen als nur einfach einen Lötbausatz. Und da haben wir gesagt okay, wir animieren die Leute dazu, auch die Umgebung kennenzulernen. Und da haben wir dann angefangen, Dinge zu verstecken. Wir haben dann gesagt, okay, das machen wir jetzt und groß auf dem EasterHegg. Da gibt es dann verschiedene Challenges, das heißt, man kann hier rumlaufen, Dinge finden, man muss auf dem Laptop gewisse Dinge hacken. Also man muss Codes knacken, zum Beispiel.
Also das Beste ist natürlich, man bildet eine kleine Gruppe aus Freunden und arbeitet sich durch das alles durch und lernt zusammen Dinge und entdeckt neue Dinge.

Laura Widmann: Da ich schon einige Leute von einem anderem Chaos-Event kenne, findet sich schnell ein Fünfer-Team. Doch was ist, wenn man noch niemanden kennt?

Tobias Dorn: Man kann das auch alleine schaffen. Das Niveau an sich ist ja auch gemacht, dass jeder mitmachen kann. Also ich meine, man ist hier, um sich zu vernetzen, um andere Gleichgesinnte zu treffen. Also das ist ja ein guter Einstieg zu sagen, ich habe kein Team. Ja, ich suche noch eins.

Laura Widmann: Nach ungefähr einem Tag haben wir als erstes Team alle Rätsel gelöst und die Teile auf der Platine verlötet. Aus der Platine wird so ein leuchtender Cyberpunk-Hase. - Ein Rabbit-Prototype.
Wer mit dem vollständigem Cyberpunk-Hasen über das Event läuft, zieht schnell Aufmerksamkeit auf sich:

Besucher: Hör mal, weil wir sind auf der Suche nach dem Sticker X9. Und da du den scheinbar schon gefunden hast, haben wir gehofft, du könntest uns einen Tipp geben, wo ungefähr wir den suchen müssen.

Laura Widmann: Der Sticker X9 nach dem ich gefragt werde, ist übrigens ein kleiner Zettel, darauf ein Lösungswort. Und: genau solche Gespräche sind auch das Ziel von Tobi.

Tobias Dorn: Also die Leute reden miteinander mit Leuten, mit denen sie vorher nie geredet hätten, weil sie sagen: Oh, was habt ihr denn da? Und wir haben das, können wir vielleicht tauschen? Oder habt ihr schon was gefunden? Nein, wir auch noch nicht. Also kommt so ein wirkliches Miteinander zusammen und das macht Spaß dabei zuzugucken.

Laura Widmann: Um dieses Miteinander geht es grundsätzlich viel beim Easterhegg. Florian Jung, besser bekannt als Windfisch, koordiniert die Helfer:innen, auf der Veranstaltung. Er erklärt, dass das Event nicht nur für IT-ler gedacht ist.

Florian Jung: Also die Events haben natürlich oft die Ausrichtung Computerthemen, informatische Themen, natürlich auch netzpolitische Themen, aber auch ganz viel andere Sachen, denn es ist ja ein Hacker-Event und Hacken bedeutet ja vor allen Dingen, existierende Dinge, existierende Technologie auf kreative Weise anders zu verwenden, als die eigentlich vorgesehen war. Und vor dem Hintergrund gibt es auch super viele Talks.
Es gab einen Talk über Jura, wo mal Recht und Gesetz gehackt wurden, was es da eigentlich so gibt. Es gab mal einen Talk über das Fahrradfahren in Städten und was man da so mit kreativen Tricks verbessern kann. Es gibt wahnsinnig viel, auch außerhalb dieser nur Computer und nur Informatik-Ecke. Ich habe auf jeden Fall schon Leute mitgeschleppt, die überhaupt nicht aus der Computerbranche kommen und die waren alle sehr glücklich.

Laura Widmann: Für mich heißt es dann am Montagabend: Abreise. Der Easterhegg war ein Event mit spannenden Workshops, vielen interessanten Gesprächen und neuen Eindrücken.  Es gab an jedem Winkel etwas Neues zu entdecken - besonders an denen der blauen Säulen. So habe auch ich noch viel dazulernen können. Zum Beispiel habe ich noch nie so winzig kleine Teile auf eine Platine gelötet wie beim Cyberpunkhasen. Mal sehen, was das nächste Event des Chaos Computer Clubs so zu bieten hat. 

Unser Musik-Mix

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