Der bayrische Kulturpreis und Dicht & Ergreifend

Bild: Janik Schöbel

Eklat bei der Preisverleihung des bayrischen Kulturpreises. Eigentlich sollte Dicht & Ergreifend die Auszeichnung in der Kategorie Kunst gewinnen. Doch das Hip-Hop-Trio aus Niederbayern lehnte den Preis ab. Parallel zu der Veranstaltung haben die drei ein Video bei YouTube hochgeladen, in dem sie die Hintergründe erklären. Unser Reporter Marcel hat sich das genauer angeschaut.

„Ich möchte niemanden kränken, niemand beleidigen oder verletzen, nein das möchte ich nicht. Aber ich möchte auch ganz offen sagen: Ich nehme diesen Preis nicht an“


Fast jeder hat diesen Satz von Marcel Reich-Ranicki schon einmal gehört. Beim bayrischen Kulturpreis gab es vor kurzem eine ähnliche Situation.

„Erstmal Hallo alle zusammen, wir sind Dicht&Ergreifend und wir freuen uns sehr, dass wir eingeladen wurden.“

Das ist Michael Huber alias Urkwell. Er ist Teil des Hip-Hop-Trios Dicht & Ergreifend. Sie haben den bayrischen Kulturpreis in der Kategorie Kunst gewonnen.

„Haben wir gedacht, kommen wir 2023 vorbei und haben sogar für diesen außergewöhnlichen Abend eine kurze Rede vorbereitet, um unseren eigenen Fans zu erklären, warum wir jetzt überhaupt den Kulturpreis entgegennehmen. Diese Rede durften wir nicht halten. Dann haben wir uns gedacht, okay wir machen gleich noch einen drauf, wir würden gern den Kulturpreis Bayern hier vor Ort für nen guten Zweck versteigern, das wurde uns allerdings auch untersagt.“

Eindeutige Worte von den Dichtis, wie sie auch genannt werden. Sie sagen es zwar nicht so drastisch wie Reich-Ranicki, aber deuten an, dass sie den Preis nicht wollen.


„Wir haben uns sehr viele Gedanken gemacht im Vorfeld und sind zu dem Entschluss gekommen, dass wir ne Band sind, die was zu sagen hat. Und das konnten wir in der Plattform leider nicht und wir habens uns wirklich nicht leicht gemacht, diese Entscheidung zu treffen, aber das ist sie jetzt.“

Im Vorfeld haben die drei ein Video produziert, das während der Preisverleihung bei YouTube veröffentlicht wurde. Das Video soll zeigen, was sie vor Ort gemacht hätten.

Man kann auf das Bundesland Bayern stolz sein, in diesen apokalyptischen Zeiten eine solch wohltätige Veranstaltung auf die Beine zu stellen. Je größer die Krisen, desto märchenhafter die Gewinne. Egal ob in der Rüstungs-, Pharma- oder in der Energieindustrie. Wir bedanken uns ganz brav bei der Bayernwerk AG, deren Mutterkonzern EON ihren Gewinn im letzten Geschäftsjahr auf magere 8,1 Milliarden Euro steigern konnte und dadurch in der Lage ist und hilfsbedürftige Künstler mit der horrenden Summe von 5000 Euro für herausragende Verdienste im Kulturbereich unter die Arme zu greifen.“

Dieser Dank ist wohl etwas ironisch angehaucht. Auf Anfrage bei der Bayernwerk AG hieß es unter anderem:

Zunächst mal hoffe ich jedoch, dass Sie einen Beitrag über die Preisträger der Hochschule Ansbach gemacht haben, die alle Jahre mit dem Kunstpreis Bayern gewürdigt werden.“

Die diesjährige Preisträgerin der Hochschule Ansbach wollte sich nicht äußern. Sie erhielt ihre Auszeichnung für ihre Masterarbeit im Studiengang "Angewandte Künstliche Intelligenz und digitale Transformation". Auf die Vorwürfe der Dichtis will die Bayernwerk AG nicht antworten, da man sich nichts vorzuwerfen habe. Wichtig sei es, die Kultur zu fördern. Zurück zum Youtube-Video der Dicht-und-Ergreifend-Jungs. Die verschicken darin noch eine weitere Dankesbotschaft:

„Ein Dankeschön geht auch an die bayrische Staatsregierung, die das ganze hier eingefädelt hat, ohne auch nur einen Cent aus den staatlichen Kulturtöpfen für die heute anwesenden Preisträgerinnen und Preisträger auszugeben. Das ist auch eine Form von Kunst, die ausgezeichnet werden sollte, meine Damen und Herren, und wir freuen uns sehr, dass wir heute im Glanze des Freistaates Bayerns der Schatten sein dürfen.“

Das Ministerium für Wissenschaft und Kunst verwies auf Anfrage nur auf das Statement von Kunstminister Markus Blume.

Wir leben in einer freien Gesellschaft – auch die Sturm- und Drangphase unserer Künstlerinnen und Künstler ist freilich durch die Kunstfreiheit gedeckt. Ein bisschen Rebellion und Protest gehören ja bei Kunst und Kultur auch dazu. Mein Eindruck: Die anderen Preisträgerinnen und Preisträger haben sich umso mehr über ihre Preise gefreut – diese Freude sollte nicht durch ein Ereignis geschmälert werden!

Die 5000€ Preisgeld, die Dicht & Ergreifend erhalten hätte, spenden sie nun aus der Bandkasse. Zusätzlich haben sie einen eigenen Preis entworfen, der bei Ebay für zirka 12.000 Euro versteigert wurde. Diesen Preis haben sie HFE5000 genannt.

„Das HFE steht für Humanismus für Einsteiger, meine sehr verehrten Damen und Herren und die 5000 für den Startpreis. Liebe Philanthropen, liebe Humanisten, ja alle, die sich heute Abend zu dieser Werbeveranstaltung e Pardon Wohltätigkeitsveranstaltung versammelt haben.“

So stellt Dichti-Mitglied Urkwell den Preis im eigenen Video vor. Die Spenden sollen zwei Mädchen aus Burkina Faso unterstützen, die in dem Video ebenfalls vorgestellt werden. Das ist nicht das erste Mal, dass Dicht & Ergreifend etwas spendet. Bereits 2020 nahmen sie gemeinsam mit 23 anderen Künstlern das Lied „ohne uns“ auf.

2021 entschieden sie sich nach den ersten Konzerten, die nach der Pandemie möglich waren, den Gewinn zu teilen. Ein Drittel gingen an die Künstler von dem Projekt "Ohne uns". Ein weiteres Drittel und damit 40.000 Euro spendeten die Dichtis an das Pflegepersonal im Klinikum Passau.

Gewonnen haben am Ende fast alle. Dicht & Ergreifend haben einen Preis gewonnen, auch wenn sie ihn abgelehnt haben. Die Bayernwerk AG spendet das abgelehnte Preisgeld für denselben Zweck, für den die Dichtis auch spenden wollten. So gibt es am Ende also auch eine größere Spendensumme.

Eklat bei der Preisverleihung des bayerischen Kulturpreises. Eigentlich sollte Dicht & Ergreifend die Auszeichnung in der Kategorie Kunst gewinnen. Doch das Hip-Hop-Trio aus Niederbayern lehnte den Preis ab. Parallel zu der Veranstaltung haben die drei ein Video bei YouTube hochgeladen, in dem sie die Hintergründe erklären. Unser Reporter Marcel hat sich das genauer angeschaut.

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