Im Interview: Malina Dittrich von Correctiv

Ein Junge hält bei der Demo gegen Rechtsextremismus am 20. Januar 2024 in Nürnberg ein Plakat in die Höhe. Darauf eine Yoda-Zeichnung und der Satz "Die bunte Seite der Macht wählen du musst"

Enthüllungen, Bedrohungen und ein starkes Team: Malina Dittrich ist für ihr Praxissemester beim Correctiv und berichtet von ihrer Zeit nach den Enthüllungen rund um die rechtsextremen Treffen. Bei uns lest ihr, wie die Redaktion mit den Auswirkungen ihrer Recherche umgeht und welche Rolle Malina selbst dabei spielt. Ein Blick hinter die Kulissen des investigativen Journalismus.

Finn:
Dann würde ich sagen, wir quatschen über Correctiv und was du beim Correctiv machst. Du bist jetzt drei Wochen da. Wie ist es? 

Malina:
Sehr cool, sehr aufregend. Ich wurde da eine ziemlich turbulente Zeit reingeschmissen.

Finn:
Das kann ich mir auf jeden Fall vorstellen. Kannst du so ein bisschen beschreiben, wie ist im Moment das Bild in der Redaktion?

Malina:
Also gerade so die Tage nach der Veröffentlichung war natürlich mega viel los. Es kamen super viele Interviewanfragen für unsere Chefredakteur:innen rein, und es waren Fernsehteams da. Es waren alle happy, dass es draußen ist, und irgendwie aufgeregt. Das war auch eine schöne Dynamik, weil alle zusammengearbeitet haben, weil es halt einfach viel zu tun gab danach. Und gefühlt alle haben ihre normale Arbeit so ein bisschen niedergelegt, um da mitzuhelfen. Und es war ein schöner Zusammenhalt.

Finn:
Wie geht es der Redaktion damit?

Malina:
Sie wussten, dass das eine große Sache ist. Sie waren auch mega gut vorbereitet. Ich habe gehört von Kolleg:innen, dass es einfach doch noch mal krasser eingeschlagen hat, als sie erwartet hätten. Auch allein deshalb, weil an dem Tag zum Beispiel auch nicht so viel sonst nachrichtenmäßig war, ist es noch mal so ein Riesending geworden. Und spätestens als sich dann Scholz auch geäußert hat, haben das auch die internationalen Medien aufgegriffen. Das heißt, mit den konkreten Ausmaßen, die es jetzt angenommen hat, da waren alle echt ein Stück weit überrascht drüber.

Finn:
Also schon so ein bisschen auch Selbststolz, oder?

Malina:
Ja, ich mein, klar, was die Kolleg:innen da geleistet haben, war krasse Arbeit und da kann man auf jeden Fall auch mega stolz drauf sein. Jetzt wird gerade so ein bisschen geschaut, wie machen wir weiter? Und es geht uns darum, was anzustoßen und was gerade auch total passiert. Auch andere Medien recherchieren jetzt dazu. Es kommen noch mal neue Sachen raus und so, ja, es ist natürlich cool für Correctiv, dass die jetzt so in aller Munde sind. Aber es geht ja um die Sache und da sind natürlich auch alle mega stolz, dass es gerade so Sache ist, tatsächlich.

Finn:
Ja, das glaube ich auf jeden Fall.  Wie ist deine Rolle in dem Ganzen?

Malina:
An sich habe ich jetzt direkt keine Rolle in dem Ganzen. Genau wie ich vorhin schon beschrieben habe: Es ist einfach so, dass jeder und jede gerade mithilft in der Redaktion, wenn es was zu tun gibt. Also wir haben jetzt zum Beispiel den Liveticker, da bin ich manchmal auch dafür zuständig, da kurze Meldungen zu schreiben.

Finn:
Wie könnte so eine Meldung aussehen, die du schreibst?

Malina:
Ja, ein Beispiel für so eine Ticker-Meldung ist zum Beispiel, dass sich Pottsalat - das ist dieser Salat Lieferdienst - dass der sich nach der Veröffentlichung von ihrem Investor Limmer getrennt hat. Oder auch, dass sich zum Beispiel der Verein Deutsche Sprache distanziert von Silke Schröder, weil sie da auch Teil war. Solche Sachen, die einfach in dem Zusammenhang passieren. Oder auch Ankündigungen, dass gerade super viele Demos stattfinden. Oder auch, dass wir berichten, was auf diesen Demos passiert.

Finn:
Jetzt auch ganz praktisch. Man hört ja aus anderen Ecken, wenn gegen rechts recherchiert wird, dass das ja auch manchmal nicht ganz ungefährlich ist. Wie ist das beim Correctiv?

Malina:
Klar, das betrifft uns auch. Ich mein, gerade die Kolleginnen, die in der Recherche involviert waren, natürlich. Aber generell sind wir jetzt alle, die dort bei Correctiv sind, aufgehalten, einfach vorsichtiger oder aufmerksamer zu sein, was so was angeht. Wir dokumentieren, auch wenn Bedrohungen stattfinden, also, sei es im Netz oder sei es auch auf den Straßen oder postalisch oder was auch immer.

Finn:
Was bekommt ihr da für Nachrichten?

Malina:
Alles ist möglich. Ich meine, X ist jetzt auch nicht dafür bekannt, super freundlichen Content zu präsentieren. Das heißt, da gibt es dann auch viele Hassnachrichten. Es gibt auch sowas wie einfach nur "ihr seid ein linkes Dreckspack". Also eigentlich alles Mögliche.

Finn:
Wie betrifft dich das jetzt praktisch als Praktikantin bei Correctiv? Verändert das für dich persönlich irgendwas?

Malina:
Für mich nicht direkt würde ich sagen. Es ist natürlich schon auch krass zu sehen, weil ich einfach auch das nicht so kenne. Wenn ich jetzt davor in der Lokalzeitung gearbeitet habe - das ist noch mal ein ganz anderes Niveau. Ich glaube, ich bin jetzt nicht die Person, die da am gefährdetsten ist. Aber es ist schon krass zu sehen, dass es einfach ein Ding ist, und auch irgendwie schade und traurig, dass da Journalistinnen angegangen werden. Aber auch gut, da so eine Awareness zu schaffen auf jeden Fall.

Finn:
Wie ist jetzt so aus der Redaktion raus deine Perspektive auf die Veränderung, die in der Gesellschaft angestoßen hat. Was erwartest du für die nächsten Tage und Wochen?

Malina:
Ich bin erst mal offen, was passiert. Ich finde es total überwältigend, was gerade passiert und natürlich super wichtig, dass das irgendwie Thema ist. 

Finn:
Wie hat diese Recherche von Correctiv auch vielleicht deine Sicht als angehende Journalistin auf den Journalismus verändert?

Malina:
Ich glaube irgendwie so recht hoffnungs-machend. Also ich bin schon so mit der Illusion in den Journalismus-Studiengang reingegangen, dass ich was verändern will. Und jetzt zu sehen, dass das wirklich passieren kann, weil manchmal, wenn man so Artikel veröffentlicht, verlaufen die so ein bisschen im Sand und da sieht man jetzt, dass es wirklichen Einfluss hat, was man recherchiert und was man schreibt. Und es ist total schön zu sehen und macht mir auch richtig Lust, weiterzumachen und selber vielleicht auch mal irgendwie so was zu recherchieren.

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